Zubringerflüge: Lufthansa darf Condor nicht kündigen

Die Lufthansa hat aktuell mit vielen Problemen zu kämpfen. Jetzt hat das Bundeskartellamt entschieden, dass die Fluggesellschaft langjährige Kooperationsvereinbarungen mit Condor bis auf weiteres nicht beenden darf. Keine andere Airline verfüge über ein vergleichbar dichtes Zubringernetz wie die Lufthansa, stellt die Behörde in ihrer Entscheidung fest.
vom 2. September 2022
image

Zubringerflüge: Lufthansa darf Condor nicht kündigen

Die Lufthansa hat aktuell mit vielen Problemen zu kämpfen. Jetzt hat das Bundeskartellamt entschieden, dass die Fluggesellschaft langjährige Kooperationsvereinbarungen mit Condor bis auf weiteres nicht beenden darf. Keine andere Airline verfüge über ein vergleichbar dichtes Zubringernetz wie die Lufthansa, stellt die Behörde in ihrer Entscheidung fest.
von Alexander PradkaLufthansa sowie die Konzerngesellschaften Austrian Airlines und Swiss Airlines hatten die sogenannten Special Prorate Agreements (SPA) mit Condor zum 1. Juni 2021 gekündigt. Letztere hatte auf der Basis der SPA gegen Entgelt Vorleistungen der Lufthansa in Form von Zubringerflügen in Anspruch genommen. Gegen das Vorgehen legte Condor beim Bundeskartellamt Beschwerde ein. Das hatte daraufhin ein Missbrauchsverfahren wegen eines möglichen Verstoßes gegen § 19 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), Art. 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sowie wegen des Verdachts verbotenen Verhaltens im Sinne von § 20 Abs. 1 GWB in Verbindung mit § 19 Abs. 1, Abs. 2 GWB gegen die Kranich-Airline eingeleitet.
 

Behinderungsmissbrauch

In einem Verfahren zur Anordnung einstweiliger Maßnahmen nach § 32a Abs. 1 GWB war die Bundesbehörde zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beendigung der SPA einen sogenannten Behinderungsmissbrauch darstellt. Jetzt hat das Bundeskartellamt die vorläufigen Feststellungen im Eilverfahren in der Hauptsache bestätigt. Es bestehe kein Zweifel, dass die Lufthansa die einzige Fluggesellschaft ist, die für die zentralen Hubs in Frankfurt am Main, München und Düsseldorf ein umfassendes Zubringernetz mit Flügen aus Europa anbieten kann. Damit liegt eine marktbeherrschende Stellung vor und Condor hat keine andere Möglichkeit, Langstreckenpassagieren eine vergleichbar nahtlose Reise über das Angebot einer Anreise zum Flughafen mit Bus oder Bahn zu ermöglichen. Der Aufbau eines eigenen Zubringernetzes wird verhindert, weil Start- und Landerechte an den deutschen Drehkreuzen weitgehend an die Lufthansa vergeben sind.
 

Besondere Pflichten

Das Bundeskartellamt begründet seine Entscheidung damit, dass die Lufthansa aufgrund ihrer marktbeherrschenden Stellung gegenüber anderen Marktteilnehmern besondere Pflichten habe. Auf den „ohnehin stark konzentrierten indirekten Langstreckenverbindungen“ sei ein ausreichender Leistungs- und Preiswettbewerb nur dann möglich, wenn Condor auf Grundlage der SPA auf die Zubringerdienste der Lufthansa Zugriff hat. Der Wegfall der Kunden, die diese Flüge in Anspruch nehmen möchten, hätte „schwerwiegende wirtschaftliche Folgen“ für Condor und den Wettbewerb. Laut den Ermittlungen des Bundeskartellamts nehmen je nach Saison bis zu 30 bis 40 Prozent der Langstreckenpassagiere einen Zubringerflug in Anspruch. Und: Auf knapp 80 Umsteigeverbindungen zu touristischen Zielen könnte Lufthansa in der Folge als aktuelle oder potenzielle Wettbewerberin „erhebliche Wettbewerbsvorteile, teilweise sogar eine Alleinstellung erlangen“.
 

Zusätzliche Regelungen

Das Bundeskartellamt hat zusätzlich zu seiner Entscheidung weitere Wettbewerbsbeschränkungen in den bisherigen Vereinbarungen abgestellt, weil sonst der Zugangsanspruch teilweise ins Leere gelaufen wäre. Condor erhält Zugang zu mehr Buchungsklassen als bisher sowie die Möglichkeit, immer dann Plätze zu buchen, wenn Zubringerflüge noch erheblich freie Kapazitäten haben. Schließlich sei es kartellrechtlich nicht zulässig, dass Lufthansa über Vorgaben für Buchungsklassen, die Condor ihren Passagieren auf der Langstrecke anbietet, die Buchungs- und Preissteuerung für Condor einschränkt, so das Bundeskartellamt.Bildnachweise: © IMAGO / Lobeca ]]>

Beitrag von Alexander Pradka

Dies könnte Sie auch interessieren

240423_News_Scraping_OLG OD_US_markus-spiske-Skf7HxARcoc-unsplash
Scraping: Schadenersatz nicht allein wegen Datenleck
Nicht allen Nutzern und Nutzerinnen von Facebook steht ein Schadensersatzanspruch zu, wenn diese von einem Datenleck betroffen sind. Der mit dem Thema...
240418_News_Wettbewerbsrecht_Verjährung_US_omar-al-ghosson-Wkut4zCLCgs-unsplash
EU
Ab wann die Verjährungsfrist im europäischen Wettbewerbsrecht läuft
Die Verjährungsfrist für Schadensersatzklagen wegen einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Europäischen Union beginnt erst dann, wenn der...
June 24, 2021: En la comuna 13 se populariza cafe con la imagen de Pablo Escobar
„Pablo Escobar“ kann in der EU nicht als Marke eingetragen werden
Das Europäische Gericht (EuG) hat eine Entscheidung des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) bestätigt, nachdem der Name „Pablo...