Das Gericht nimmt in dem Zusammenhang die richtungsweisenden Ausführungen des Europäischen Gerichtshofes und den Paradigmenwechsel in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf: Fehler der Massenentlassungsanzeige stellen entgegen früherer Rechtsprechung keinen Unwirksamkeitsgrund mehr dar. Die Anzeige hat nicht das Ziel, einen Individualrechtschutz zu vermitteln, sondern soll vielmehr die Agentur für Arbeit in die Lage versetzen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer möglichst schnell wieder vermitteln zu können.
Falsche Kriterien angelegt
In dem zugrundeliegenden Fall hatte die Kündigungsschutzklage eines Angestellten dennoch Erfolg, sowohl erstinstanzlich vor dem Arbeitsgericht Solingen wie auch vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf. Dieses führt aus, dass ein Arbeitgeber bei einer etappenweisen Betriebsstillegung nicht die freie Auswahl hat, wem er früher oder später kündigt. Mit den Abwicklungsarbeiten sind grundsätzlich die schutzwürdigsten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu beschäftigen. Das beklagte Unternehmen hatte vorliegend die Sozialauswahl methodisch fehlerhaft durchgeführt, weil es die Vergleichsgruppen fehlerhaft gebildet hatte. Ein Kriterium war beispielsweise die bisher durchgeführte Tätigkeit. Wie das Landesarbeitsgericht ausführt, hätte es stattdessen die noch im Abwicklungsteam anfallenden Tätigkeiten bei der Entscheidung berücksichtigen müssen. Der Betrieb hatte nur unvollständige Angaben dazu gemacht, welche Aufgaben mit welcher Dauer im Abwicklungsteam anfielen, welche Anforderungsprofile dafür erforderlich waren und wie auf dieser Basis ein Vergleich vorgenommen werden sollte. Die daraus abgeleitete Vermutung der fehlerhaften Sozialauswahl konnte das beklagte Unternehmen auch in zweiter Instanz nicht widerlegen. Die Revision ist nicht zugelassen.
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