Das OLG Frankfurt konstatierte zwar, dass die Anklagen in der Schweiz und in Deutschland an einen zusammenhängenden historischen Gesamtkomplex anknüpfen. Die in Frankfurt im Fokus stehenden streitigen Steuerstraftaten aus dem Jahr 2007 bauten auf der im schweizerischen Verfahren zur Last gelegten Betrugstat im April 2005 auf. „Bei wertender Gesamtbetrachtung“, so das OLG, handele es sich aber „gerade nicht um einen Komplex unlösbar miteinander verbundener Tatsachen“, der die Annahme derselben Tat im Sinne des Art. 54 des Schengener Durchführungsübereinkommens rechtfertigen würde. Dieser sieht das Verbot der Doppelbestrafung vor. Vielmehr seien die Aspekte, die das Schweizer Verfahren betreffen, als „Vortatgeschehen“ für die in Deutschland behandelten Steuerstraftaten einzustufen. In der Schweiz ging es um eine Betrugstat, begangen im April 2005 in Köln, in Frankfurt am Main hingegen um Steuerstraftaten, begangen im Jahr 2007 in der Mainmetropole – insofern nicht einmal um dieselbe Tat.
Zwielichtige Machenschaften
Der Fall, der dem Schlamassel zugrunde liegt, ist komplex. Der seinerzeitige Organisationschef für die zumindest in Bezug auf das sportliche Turnier und die Stimmung im Land als „Sommermärchen“ in die Geschichte eingegangene Fußball-Weltmeisterschaft 2006, Franz Beckenbauer, hatte vom damaligen Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus ein Darlehen von zehn Millionen Schweizer Franken erhalten. Das Geld landete letztlich in Katar, beim umstrittenen FIFA-Funktionär Mohammed bin Hammam. Die deutschen WM-Organisatoren hatten später dem Weltfußballverband FIFA 6,7 Millionen Euro gezahlt und dies als Beitrag zu einer FIFA-Gala deklariert. In Wahrheit soll das Geld allerdings an Louis-Dreyfus weitergeleitet worden sein, zur Befriedigung des Darlehensrückzahlungsanspruchs gegenüber Beckenbauer. Mitglieder des Präsidialausschusses des WM-Organisationskomitees seien über den wahren Verwendungszweck getäuscht worden. In der Schweiz wurde das Betrugsverfahren wegen Verjährung eingestellt. In Frankfurt geht es darum, dass die drei Angeklagten die 6,7 Millionen Euro als Betriebsausgabe des Deutschen Fußball Bunds – ertrags- und steuermindernd – verrechnet haben sollen. Das Landgericht muss jetzt neu verhandeln.
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