Diese Entscheidung hat das Oberlandesgericht Hamburg (OLG) in einem Rechtsstreit zwischen einer mehrfach negativ bewerteten Arbeitgeberin und der Online-Bewertungsplattform Kununu getroffen. Das Unternehmen hatte vor dem gerichtlichen Verfahren bereits vergeblich versucht, über entsprechende Abmahnungen die Löschung zweier dieser Einträge zu erreichen. Dabei bediente es sich einer Rechtsanwaltskanzlei, die gegen Zahlung pauschalierter Festhonorare gegen Einträge in Bewertungsportalen vorgeht. Sie leitete dann auch mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung das Verfahren ein. Das nahm der Betreiber des Bewertungsportals zum Anlass, sich Tätigkeitsnachweise von den Personen einzuholen, die die Bewertungen verfasst hatten. Eine Mitarbeiterin anonymisierte diese und reichte die Unterlagen an das schlecht bewertete Unternehmen weiter. Dem Landgericht Hamburg genügte dies, um die tatsächliche Mitarbeiterstellung nachzuweisen und wies den Antrag der Arbeitgeberin ab. Gegen die Entscheidung ging diese mit sofortiger Beschwerde vor und kam damit vor dem OLG zum Erfolg. Dieses berief sich auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.
Tatsächliche Grundlage
Im Grunde geht es in dem Fall um zwei Dinge: Zum einen um das Interesse eines Unternehmens, dass nicht jede Person willkürlich Bewertungen in der Öffentlichkeit posten kann. Es sollte sichergestellt sein, dass es sich um „echte“ Kontakte handelt, die den wiedergegebenen Sachverhalt auch tatsächlich aufgrund eigener Erfahrungen beurteilen können. Zum anderen gibt es das Interesse der Bewerter, anonym bleiben zu können, um mögliche Repressalien auszuschließen, und das Interesse des Portals selbst, die Bewerter nicht individualisieren zu müssen, weil damit letztlich das Geschäftsmodell in Gefahr gerät. Das OLG entschied nun zugunsten der Arbeitgeber. Es muss die Möglichkeit geben, das Vorliegen einer tatsächlichen Grundlage zu prüfen. Ein bewertetes Unternehmen darf so lange die Rüge des nicht vorhandenen geschäftlichen Kontakts erheben, bis diesem gegenüber die bewertende Person dergestalt individualisiert wird, dass es das Vorliegen eines geschäftlichen Kontakts überprüfen kann. Um das zu ermöglichen, muss das Portal sich auch Stellungnahmen und Unterlagen von den Bewertern übermitteln lassen und diese weiterreichen. Dabei reicht die anonymisierte Form nicht aus, wie das OLG ausführt: „Die Möglichkeit zu einer eigenen Überprüfung des Vorliegens eines geschäftlichen Kontakts darf dem von der Bewertung Betroffenen nicht in der Weise genommen werden, dass der Portalbetreiber die Überprüfung für sich vornimmt und dem Bewerteten dann versichert, sie habe ein positives Ergebnis erbracht.“
Person muss bekannt sein
Auch der Verweis, der Arbeitgeber könne anhand der Bewertung viel besser prüfen als der Portalbetreiber – der letztlich nur einen einmaligen Kontakt zum Bewerter habe – hilft nicht. „Auch bei der Bewertung des Arbeitgebers kann sich eine Kritik auf konkrete Fälle beziehen, die auf ihre tatsächliche Gegebenheit von ihm nur dann überprüft werden können, wenn die Person des – möglicherweise nur angeblich – betroffenen Arbeitnehmers oder jedenfalls einer konkreten Situation, die geschildert wird, bekannt sind“, so das OLG Hamburg in seiner Begründung. Auch auf datenschutzrechtliche Aspekte können sich kununu & Co. nicht berufen.
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