Ein Indiz ist gegeben, wenn angeblich arbeitsunfähige Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nach dem Zugang einer Kündigung eine oder mehrere Folgebescheinigungen vorlegen, die passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfassen und sie unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine neue Beschäftigung aufnehmen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist für Arbeitnehmende das gesetzlich vorgesehene Beweismittel, um darzulegen, dass sie krankheitsbedingt ihrer Tätigkeit für den darin angegebenen Zeitraum nicht nachgehen können. Für den Zeitraum schulden Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zunächst auch die Fortzahlung des vereinbarten Entgelts. Allerdings kann es ernsthafte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit geben. Arbeitgebenden steht die Möglichkeit offen, tatsächliche Umstände darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, von welcher Seite eine Kündigung ausgesprochen wurde, sei es vom Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer.
Es geht um den Anspruch auf Arbeitsentgelt
Im streitgegenständlichen Fall hatte ein Arbeitnehmer sich am 2. Mai 2022 krank gemeldet, am selben Tag ging ihm die Kündigung der Arbeitgeberin zum 31. Mai zu. Für die erste AU-Bescheinigung hat das BAG die zeitliche Koinzidenz von Kündigung und Abmeldung vom Dienst verneint, der Arbeitnehmer wusste nichts von seiner Kündigung. Hinsichtlich der Folgebescheinigungen vom 6. und 20. Mai, die letztlich die Arbeitsunfähigkeit bis zum 31. Mai auswiesen, hielt das BAG den Beweiswert für erschüttert. Unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses trat der Arbeitnehmer am 1. Juni seine neue Stelle an. Für die Zeit vom 7. bis 31. Mai obliegt dem Arbeitnehmer die volle Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, wenn er den Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht verlieren möchte. Darüber muss das ursprünglich mit dem Fall befasste Landesarbeitsgericht neu entscheiden.
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