Unwirksame Überstundenregelung?Die Abgeltung von Überstunden über das Bruttomonatsgehalt in einer arbeitsvertraglichen Klausel sind keine Seltenheit. Trotzdem wird darüber immer wieder gestritten. Über die Wirksamkeit einer solchen Abrede hatte das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern zu entscheiden.
Ein Arbeitnehmer verlangte von seinem ehemaligen Arbeitgeber die Zahlung einer Überstundenvergütung in Höhe von 92 mal 10,23 Euro Brutto, insgesamt 940,91 Euro. Die Überstunden habe er von Januar bis Dezember 2018 geleistet. Vor dem Arbeitsgericht war seine Klage bereits überwiegend erfolglos geblieben, dieses hatte ihm lediglich für den Monat Juli 2018 20,46 Euro zugestanden. Der Arbeitnehmer ging in Berufung.
Arbeitsvertragliche Klausel
Der Arbeitsvertrag zwischen den Beteiligten enthält eine Klausel. Darin steht, dass mit der Zahlung des monatlichen Bruttogehalts „etwaige über die betriebliche Arbeitszeit hinausgehende Mehrarbeit im Umfang von bis zu zehn Stunden pro Monat abgegolten“ ist. Außerdem steht im Vertrag, dass über diese zehn Stunden hinausgehende, „aus dringenden betrieblichen Erfordernissen geleistete Mehrarbeit“ durch den Arbeitgeber zu vergüten oder durch Freizeitgewährung abzugelten ist“.
Überraschung? Irreführung?
Der Arbeitnehmer trug auf der einen Seite vor, dass von der Geschäftsführung des Betriebes die Besetzung des Büros von 7:00 bis 17:00 Uhr verlangt worden sei. Da es nur zwei Beschäftigte gegeben habe, seien daraus schon zwangsläufig Überstunden aufgelaufen. Die Vereinbarung der regelmäßigen Arbeitszeit in Höhe von 40 Stunden sei insofern als Vorspiegelung falscher Tatsachen zu sehen. Außerdem meint er, die Klausel im Arbeitsvertrag sei unwirksam: Sie sei „überraschend“ und „irreführend“ im Kontext zur Regelung der regelmäßig geschuldeten 40 Wochenstunden.
Maßgebliche Bestimmungen
Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern erachtet die arbeitsvertragliche Klausel, die die Abgeltung von Überstunden regelt, für wirksam. Sie ist nicht „überraschend“ im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB. Danach werden Bestimmungen in AGB, die nach den Umständen – insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages – so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Im konkreten Fall fand sich die Abrede unter dem Punkt „Vergütung“ und damit an der Stelle, wo sie hingehört. Daran ist nichts Überraschendes zu finden.
Erkennbarkeit und Transparenz
Auch eine mangelnde Transparenz im Sinne des § 307 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 2 BGB ist nicht erkennbar. Das LAG beruft sich in diesem Zusammenhang auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Danach ist die pauschale Vergütung von Überstunden klar und verständlich, wenn „sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen“. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ und welche Leistungen er für die vereinbarte Leistung „maximal erbringen muss“. Das sieht das LAG hier klar als gegeben an. Eine Täuschung seitens des Arbeitgebers sei ebenfalls nicht zu erkennen. Es ist im Arbeitsvertrag keine Aussage zur Häufigkeit des Anfallens von Überstunden getroffen. Der Arbeitnehmer hat erkennen können, dass jeden Monat zehn Überstunden anfallen können.
(LAG Mecklenburg-Vorpommern, 2 Sa 26/21)Bildnachweise: © Unsplash / Jason Strull