Sachverständige diskutierten Änderungen des Lobbyregistergesetzes

Viele Wirtschaftszweige versuchen, mittels Lobbyisten Einfluss auf die Gesetzgebung zu nehmen. Von ihnen gibt es mehr als Abgeordnete im Bundestag. Seit dem 1. Januar 2022 müssen sie sich in das deutsche Lobbyregister eintragen, via Datenbank auf der Webseite des Bundestages. Es werden Angaben zu Auftraggebern, Themenfeldern und zum personellen und finanziellen Aufwand gemacht. Zum 1. Januar 2024 plant die Bundesregierung Änderungen. Diese haben Sachverständige nun diskutiert.
vom 25. September 2023
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SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und FDP wollen den Anwendungsbereich und die Offenlegungspflichten im Lobbyregistergesetz „im Interesse einer transparenten Staatstätigkeit“ nachschärfen. Registereinträge und die Gegenstände der Einflussnahme sollen demnach aussagekräftiger und der Anwendungsbereich „maßvoll“ erweitert werden. Künftig müssen Kontakte zu Ministerien ab Referatsleiterebene einbezogen werden. Darüber hinaus soll angegeben werden, auf welche Gesetzes- oder Verordnungsvorhaben sich die Interessenvertretung bezieht. Stellungnahmen und Gutachten von grundsätzlicher Bedeutung für die Interessenvertretung sollen unter Angabe des Zeitpunkts, der betroffenen Interessen- und Vorhabenbereiche und einer abstrakten Adressatenbezeichnung in die Datenbank hochgeladen werden müssen. Auch die Angaben zum finanziellen Aufwand sollen aussagekräftiger werden – durch Mitteilung der Hauptfinanzierungsquellen sowie Mitgliedsbeiträge. Eine Entlastung ist für spendenfinanzierte Organisationen vorgesehen, sie sollen nur mehr Angaben zu wesentlichen Finanzierungsquellen machen müssen. Mehr Transparenz wollen die Fraktionen darüber hinaus bei der Interessenvertretung im Auftrag Dritter. Gegebenenfalls müssen Drittstaaten als Auftraggeber und das Auftragsvolumen der Interessenvertretung für Dritte angegeben werden. Beim Wechsel von Mandats- und Amtsträgern in Tätigkeiten der Interessenvertretung („Drehtüreffekt“) müssen aktuelle und frühere Ämter und Mandate offengelegt werden. Die registerführende Stelle soll nach dem Willen der Fraktionen eigenständige Prüfbefugnisse bei offensichtlich widersprüchlichen Eintragungen erhalten.

Einführung des “exekutiven Fußabdrucks”

Vor dem Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages haben Sachverständige die Änderungsvorschläge diskutiert. Gregor Hackmack, Mitbegründer und Geschäftsführer der Plattform Abgeordnetenwatch, kritisierte, dass es weiterhin nicht möglich sei nachzuvollziehen, welche Lobbyisten sich mit Entscheidungsträgern zu welchen Themen treffen. Dem könnte eine Offenlegung der Lobbykontakte abhelfen. Er plädierte im Hinblick auf die Prüfung von Nebeneinkünften von Bundestagsabgeordneten zudem für eine unabhängige Instanz, da aktuell eine Sanktionierung praktisch nicht stattfinde. Zurzeit kontrolliert die Bundestagsverwaltung die entsprechenden Angaben. Michael Henning, beim Verband der Chemischen Industrie für das Thema Lobbytransparenz zuständig, kritisierte die Beibehaltung pauschaler Ausnahmen als „enorme Wettbewerbsverzerrung“ zulasten transparenter Interessensvertreter. Die geplanten Regelungen mündeten außerdem in doppeltem Aufwand, den auch kleine Interessengruppen tragen müssten – verbunden mit hohen Kosten. Der Transparenzgewinn sei marginal, Ausweicheffekte und eine Verzerrung der Inhalte kämen dazu. Seiner Meinung nach sollte die Dokumentationspflicht beim Gesetzgeber liegen. Er empfahl darüber hinaus, die Einführung des „exekutiven Fußabdrucks“, damit erkennbar sei, wer konkret an einem exekutiven Verfahren teilgenommen hat. Diesen hält auch Dominik Meier, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung, für erforderlich. Er kritisierte im Rahmen der Anhörung aber, dass immer noch die Ausnahme für Kirchen sowie Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände bestehe.

Ausnahmeregelungen abschaffen  

Die will auch Prof. Dr. Andreas Polk von der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin abgeschafft sehen. Bei Gutachten und Stellungnahmen sei es wichtig zu erfahren, wer mit welchen Positionen Einfluss nimmt. Er sprach sich außerdem dafür aus, neben dem exekutiven auch einen legislativen Fußabdruck einzuführen. Für Timo Lange von Lobbycontrol beschäftigte sich mit den Spenden an gemeinnützige und mildtätige Organisationen. Diese seien nicht vergleichbar mit Parteispenden und Aufträgen an Lobbyagenturen. Dennoch sollte transparent sein, wenn sehr hohe Summen an zivilgesellschaftliche Organisationen gespendet werden. Insofern würde er eine absolute Offenlegungspflicht zusätzlich zur prozentualen befürworten, zumindest bei Zuwendungen von juristischen Personen. Prof. Dr. Philipp Austermann von der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung hat den Eindruck, dass diejenigen, die Spenden bekommen, gegenüber denjenigen, deren Interessenvertretung aus anderen Mitteln bezahlt wird, bevorzugt werden. Dafür gebe es keinen Grund. Möglicherweise solle dadurch versucht werden, den spendenfinanzierten Lobbyismus besserzustellen.   

 

Copyright Bild:  IMAGO / Steinach

Beitrag von Alexander Pradka

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