Beleidigung als „Ming Vase“ rechtfertigt Rauswurf

Wer seine Vorgesetzte als „Ming Vase“ verunglimpft und dies mit abfälligen Gesten unterstreicht, muss mit einer außerordentlichen Kündigung rechnen. Das gilt auch für Mitglieder des Betriebsrats, dessen Zustimmung nicht erforderlich ist. Nach dem Urteil des Arbeitsgerichts Berlin liegt hier eine rassistische Äußerung vor (Az.: 55 BV 2053/21).
vom 8. Juni 2021
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Beleidigung als „Ming Vase“ rechtfertigt Rauswurf

Wer seine Vorgesetzte als „Ming Vase“ verunglimpft und dies mit abfälligen Gesten unterstreicht, muss mit einer außerordentlichen Kündigung rechnen. Das gilt auch für Mitglieder des Betriebsrats, dessen Zustimmung nicht erforderlich ist. Nach dem Urteil des Arbeitsgerichts Berlin liegt hier eine rassistische Äußerung vor (Az.: 55 BV 2053/21).
Die Verkäuferin eines Kaufhauses mit internationalen Kunden hatte, zunächst gegenüber einer Kollegin, betont, sie müsse „darauf achten, dass ich die ausgesuchten Artikel richtig abhake, sonst gibt es wieder Ärger mit der Ming-Vase“. Auf Nachfrage eines anwesenden Vorgesetzten habe sie zur Verdeutlichung des Begriffs beide Augen mit den Fingern nach hinten gezogen, um ein asiatisch anmutendes Antlitz zu imitieren.
 

Mitarbeiterin ist sich keiner Schuld bewusst

In der dann erfolgten arbeitgeberseitigen Anhörung zu dem Vorfall habe die Verkäuferin erklärt, eine Ming Vase stehe für sie für einen schönen und wertvollen Gegenstand. Die asiatische Augenform habe sie imitiert, um das Wort „Schlitzauge“ zu vermeiden, führte die Frau entschuldigend aus. Für ebenso feinfühlig hielt sie es, dass sie bei „schwarzen Menschen/Kunden“ den Begriff „Herr Boateng“ nutze, weil sie den Fußballer so toll finde.
 

Gericht erkennt „erhebliche Herabwürdigung“

Weniger toll fand dies alles das Arbeitsgericht. In einer den Fall begleitenden Mitteilung an die Medien heißt es: „In der Gesamtbetrachtung liege eine rassistische Äußerung vor, die die Pflicht zur Rücksichtnahme auf berechtigte Interessen des Kaufhauses als Arbeitgeber verletze.“ Die „erhebliche Herabwürdigung der gemeinten Vorgesetzten“ rechtfertige eine außerordentliche Kündigung. Davor schütze auch nicht die Angehörigkeit zum Betriebsrat.
 

Betriebsrat verweigert Rauswurf Zustimmung

Prinzipiell muss der Betriebsrat der außerordentlichen Kündigung eines seiner Mitglieder zustimmen. Dies wäre auch hier der Fall gewesen, weil die Betroffene als Ersatzmitglied in den Betriebsrat nachgerückt war. Das Gremium hat die Zustimmung mit der Begründung verweigert, es verurteile Rassismus aufs Schärfste, sehe jedoch bei der Verkäuferin kein rassistisches Gedankengut. Die Richter ersetzten die Zustimmung des Betriebsrats.
 

Gericht stützt Auffassung des Arbeitgebers

Die Bezeichnung der mit den Worten „Ming Vase“ gemeinten Vorgesetzten und die zur Verstärkung der Worte verwendeten Gesten der Mitarbeiterin seien zur Ausgrenzung von Mitmenschen anderer Herkunft, deren Beleidigung und zu deren Herabsetzung geeignet und rechtfertigen unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls eine außerordentliche Kündigung, entschied das Arbeitsgericht.
 

Auch flapsig gemeinter Rassismus untragbar

Für ein Kaufhaus von internationalem Ruf sei nicht hinnehmbar, wenn eine Verkäuferin als Aushängeschild im täglichen Kontakt mit dessen Kunden diese wahlweise als „Ming Vase“ oder „Herr Boateng“ oder mit sonstigen abwertenden Formulierungen bezeichnen könne.
Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gegeben. Bildnachweise: © imago images / Westend61

Beitrag von Alexander Pradka

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