Arbeit auf Abruf: Per Gesetz 20 Stunden in der Woche

Das Gesetz ist eindeutig: Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer die zu erbringende Leistung vom Arbeitsanfall abhängig machen, sind sie gehalten, eine bestimmte Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit im Vertrag festzulegen. Wenn sie dies nicht tun, gilt eine Arbeitszeit von 20 Wochenstunden als vereinbart.
vom 19. Oktober 2023
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Die entsprechenden Regelungen finden sich im § 12 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG). Das Bundesarbeitsgericht verweist in einem aktuell entschiedenen Fall auf die Möglichkeit der ergänzenden Vertragsauslegung. Die kommt nur dann in Betracht, wenn die Fiktion der 20 Wochenstunden keine sachgerechte Regelung ist und objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Parteien bei Kenntnis der Regelungslücke zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine andere Bestimmung getroffen und eine höhere oder niedrigere Dauer der Arbeitszeit hätten.       

 

Nachträgliche Regelung möglich

Greift zu Beginn des Arbeitsverhältnisses mangels individualrechtlicher Vereinbarung die gesetzliche Fiktion der 20 Stunden, ist das nicht in Stein gemeißelt. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können in der Folgezeit – sowohl ausdrücklich als auch konkludent – eine andere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit vereinbaren. Das Bundesarbeitsgericht weist ausdrücklich darauf hin, dass allein dem Abrufverhalten des Arbeitgebers nicht zu entnehmen ist, er wolle sich für alle Zukunft an eine höhere wöchentliche Arbeitszeit binden. Umgekehrt lässt sich aus der Bereitschaft des Arbeitnehmers, in einem bestimmten Zeitraum mehr als die 20 Stunden pro Woche zu arbeiten, nicht darauf schließen, dass er sich dauerhaft auf die Mehrleistung einlassen möchte.

 

Schwankungen allein reichen nicht aus        

Der Entscheidung lag der Fall zugrunde, dass eine Arbeitnehmerin in einem Unternehmen der Druckindustrie als Abrufkraft tätig war. Der Arbeitsvertrag sah keine Regelung zur wöchentlichen Arbeitszeit vor. Ab dem Jahr 2020 hatte sich im Vergleich zu den unmittelbar vorangegangenen Jahren der Abruf der Arbeitsleistung verringert. Die Arbeitnehmerin berief sich vor Gericht darauf, dass sich von 2017 bis 2019 die pro Monat durchschnittlich abgerufene Arbeitszeit auf 103,2 Stunden belaufen habe. Sie argumentierte unter Zuhilfenahme der ergänzenden Vertragsauslegung, dass diese höhere Stundenzahl geschuldet und zu vergüten sei. Soweit der Abruf der Arbeitsleistung 2020 und 2021 diesen Umfang nicht erreicht hat, verlangte sie Vergütung wegen Annahmeverzugs. Das Arbeitsgericht hat der Klage auf Zahlung von Annahmeverzugsvergütung nur in geringem Umfang insoweit stattgegeben, als in einzelnen Wochen der Abruf der Arbeitsleistung der Klägerin 20 Stunden unterschritten hatte. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Revision der Klägerin, mit der sie an ihren weitergehenden Anträgen festgehalten hat, blieb vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolglos.

 

Copyright Bild: Unsplash / Hassan Ouajbir

Beitrag von Alexander Pradka

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