Betriebsschließung durch Corona nicht immer Versicherungsfall

Muss ein Betrieb coronabedingt zeitweilig schließen, kann ihm seine Versicherung die Entschädigung verweigern, obwohl er prinzipiell gegen ein solches Risiko versichert ist. Es kommt auf die konkreten AGB an, urteilt das Oberlandesgericht Karlsruhe. Schließt der Leistungskatalog das Coronavirus nicht klar aus, muss die Versicherung zahlen.
vom 10. August 2021
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Betriebsschließung durch Corona nicht immer Versicherungsfall

Muss ein Betrieb coronabedingt zeitweilig schließen, kann ihm seine Versicherung die Entschädigung verweigern, obwohl er prinzipiell gegen ein solches Risiko versichert ist. Es kommt auf die konkreten AGB an, urteilt das Oberlandesgericht Karlsruhe. Schließt der Leistungskatalog das Coronavirus nicht klar aus, muss die Versicherung zahlen.
von Bijan PeymaniDer für Rechtsstreitigkeiten über Versicherungsverhältnisse zuständige 12. Zivilsenat des OLG hatte in zwei Fällen darüber entschieden, ob eine Betriebsschließungsversicherung auch dann eingreift, wenn die Schließung eines Hotel- oder Gaststättenbetriebs aufgrund der Corona-Pandemie erfolgt ist. Im ersten Fall hat der Senat einen Leistungsanspruch bejaht, in zweiten einen Anspruch des Betriebsinhabers mit Verweis auf die AGB verneint.
 

Transparenzgebot für Leistungskatalog

Entscheidend war für die Richter jeweils die Frage, ob es der Versicherung gelungen war, die von ihr gewollte Beschränkung des Versicherungsschutzes in ihrem Leistungskatalog für den Versicherungsnehmer ausreichend klar und verständlich – und damit wirksam – zu regeln. Der erste Fall (Az.: 12 U 4/21) betraf die vorübergehende pandemiebedingte Schließung eines Hotelbetriebes mit angeschlossener Gaststätte in Baden-Württemberg.
 

Verweis auf Infektionsschutzgesetz

In den AGB wird mehrfach auf das Infektionsschutzgesetz (IfSG) verwiesen und bestimmt, dass der Versicherer für Umsatzausfälle „beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2)“ eintritt, wobei der aufgeführte Katalog auf die „folgenden, im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten oder Krankheitserreger“ verweist. Der SARS-CoV-2-Erreger ist dort nicht explizit genannt.
 

Beschränkungen nicht ersichtlich

Dennoch habe der Betrieb den Eindruck gewinnen müssen, dass eine Betriebsschließung aufgrund jedes Auftretens einer meldepflichtigen Krankheit oder eines Krankheitserregers versichert ist, so das OLG. In einer Pressemitteilung zu der Entscheidung heißt es: „Dass der Versicherungsschutz (…) durch den abschließenden Katalog (…) eingeschränkt ist, wird dem Versicherungsnehmer nicht deutlich genug vor Augen geführt.“
 

Klausel in Fall zwei eindeutig gefasst

Anders lag der Fall für den 12. Zivilsenat des OLG bei einer Hotel- und Gaststättenanlage in Hessen (Az.: 12 U 11/21). Die dortigen Versicherungsbedingungen erwähnen das IfSG an keiner Stelle und enthalten die ausdrückliche, mit einer hervorgehobenen Überschrift versehene Regelung, dass meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieses Vertrags „nur“ die in einem nachfolgenden Katalog aufgezählten sind.
 

OLG bestätigt Urteil der Vorinstanz

Entsprechend hat das OLG das klageabweisende Urteil des Landgerichts Mannheim als Vorinstanz bestätigt und entschieden, dass bei in solcher Weise formulierten AGB kein Versicherungsschutz für eine Betriebsschließung in Folge der Corona-Pandemie besteht. Anders als im ersten Fall habe die Klausel den Anforderungen des Transparenzgebotes entsprochen, sei die Risikobegrenzung „weder mehrdeutig noch überraschend“ gewesen. Die Revision hat der 12. Zivilsenat des OLG im ersten Fall zugelassen, im zweiten Fall jedoch nicht, da zu der streitgegenständlichen Klausel in Literatur und Rechtsprechung keine abweichenden Auffassungen vertreten werden.
Bildnachweise: © IMAGO / Ralph Peters

Beitrag von Alexander Pradka

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