BGH will wichtige Fragen klären

Der Bundesgerichtshof hat auf Nichtzulassungsbeschwerde der Rechtsanwaltskammer Hamm die Berufung gegen ein Urteil des Anwaltsgerichtshofes Nordrhein-Westfalen zugelassen. Er wird nun wegweisend über die Neuregelung für Syndikusrechtsanwälte zur Vertretung Dritter entscheiden. Die Zulassungspraxis erhofft sich Klarheit über verschiedene Rechtsfragen.
vom 21. November 2023
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Ein Rechtsanwalt ist seit dem 1. Juni 2020 in Vollzeit beim Bistum Essen angestellt. Für seine Tätigkeit in der Stabsstelle Recht beantragte er bei der Rechtsanwaltskammer Hamm die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt. Die Kammer lehnte das Begehren ab. Auf Klage des Anwalts hin verpflichtete der Anwaltsgerichtshof Nordrhein-Westfalen die Rechtsanwaltskammer, ihn zuzulassen. Die Berufung zum BGH ließ das Landgericht nicht zu. Dagegen wehrte sich die Kammer im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde. Mitte Juli dieses Jahres ließ der BGH die Berufung zu. Er führt aus, dass „ernstliche Zweifel“ daran bestehen, dass der Rechtsanwalt „ausschließlich in Rechtsangelegenheiten seines Arbeitgebers tätig wird“, wie das § 46 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) vorschreibt. Es handele sich hierbei nicht lediglich um eine Beschränkung der Rechtsdienstleistungsbefugnis des Syndikusrechtsanwalts, sondern um eine echte Tatbestandsvoraussetzung für die Zulassung. Bisher legte der BGH die Vorschrift restriktiv aus. Nach der bis zum 31. Juli 2022 geltenden Rechtslage schließt jede rechtsberatende Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten von Dritten unabhängig von deren Umfang grundsätzlich die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt aus. Die unterschiedlichen Rechtsauffassungen im vorliegenden Fall rühren daher, dass der Anwalt auch Pfarreien und Vereine berät, die der Aufsicht des Bistums Essen unterliegen. Der Anwaltsgerichtshof sieht darin eine Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten des Bistums – die Rechtsanwaltskammer stuft sie als Drittberatung ein. Wie der BGH in seinem Beschluss Mitte Juli ausführt, kommt es bei der Beurteilung dieser Frage allein auf den objektiven Inhalt der Tätigkeit an, nicht darauf, wie sich diese nach dem Erscheinen nach außen darstellt. Entscheidend sei, ob die zu klärenden Rechtsfragen dem Bereich des Arbeitgebers zuzuordnen sind oder dem eines Dritten. Und bisher hat der BGH stets so entschieden, dass die Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten Dritter auch dann nicht dem Arbeitgeber zuzuordnen ist, wenn dieser vertraglich oder gesetzlich verpflichtet ist, sich mit den Rechtsangelegenheiten Dritter zu beschäftigen. Im Hinblick auf das Berufungsverfahren hat der BGH einerseits die Tendenz angekündigt, dass es sich um eine Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten Dritter handelt. Diesen Fall vorausgesetzt, will er sich mit zwei wesentlichen Aspekten beschäftigen: Gemäß § 46 Abs. 5 Satz 2 Nr.2 BRAO gehören zu den erlaubten Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers auch solche gegenüber seinen Mitgliedern, wenn es sich beim Arbeitgeber um eine Vereinigung oder Gewerkschaft im Sinne des § 7 oder § 8 Abs. 1 Nr. 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes handelt. Es stellt sich die Frage, ob ein Bistum eine solche Vereinigung darstellt. Zum anderen wird er auf die Neuregelung in § 46 Abs. 6 BRAO eingehen. Ab dem 1. August 2022 kommt eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt dann in Betracht, wenn er neben der prägenden anwaltlichen Tätigkeit für seinen Arbeitgeber auch im nicht prägenden Teil dem Arbeitgeber erlaubte Rechtsdienstleistungen für Dritte erbringt. Nach der Rechtsprechung des Anwaltssenats des BGH muss die anwaltliche Syndikustätigkeit immer mindestens bei 65 Prozent liegen, damit die Zulassung erfolgen kann. Und: Der Syndikusrechtsanwalt muss im Sinne des § 46 Abs. 6 BRAO darauf hinweisen, dass es sich bei seiner Beratung Dritter nicht um eine anwaltliche Tätigkeit handelt. Da ist in der Praxis bisher unklar, wie das ausgestaltet sein könnte.

 

Alexander Pradka

Beitrag von Alexander Pradka

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