„Leider entspricht ihre Leistung nicht unseren Vorstellungen. Da wir ohnehin Personal reduzieren müssen, sprechen wir Ihnen hiermit die Kündigung aus. Sie werden ab sofort freigestellt.“ Eine Kündigung ist nie angenehm, aber auf diese wenig empathische Art mitgeteilt, gerät sie zum Schreckensszenario.
„Eine Trennung geht aber im besten Fall geräuschlos, schnell und rechtssicher über die Bühne“, sagt Charlotte Wolff von der auf Arbeitsrecht spezialisierten Kanzlei Bluedex aus Frankfurt. Sie berät Großkonzerne, mittelständische Unternehmen und die öffentliche Hand im individuellen und kollektiven Arbeitsrecht und sagt: „Ein gutes Trennungsmanagement zeichnet sich durch einen fairen Umgang mit Mitarbeitern in einer schwierigen Situation aus.“
Ein Trennungsprozess ist alles andere als einfach und es sind viele Beteiligte involviert – auch Juristen. Das passiert etwa immer dann, wenn die Gründe für eine Trennung eher diffus sind oder wenn besondere Rechtsvorschriften beachtet werden müssen. „Im Vorfeld bewerten wir das Risiko für ein Kündigungsschutzverfahren und klären unseren Mandanten auf“, so Wolff.
Mehr Unternehmen denn je erkennen, dass eine gute Trennung auch im eigenen Interesse liegt. „Top Firmen mögen keine größeren Schwierigkeiten haben, geeignete Kräfte zu finden. Andere haben das schon“, weiß Susanne Bitsch, Geschäftsführerin von PraeMontis, einer Frankfurter Outplacementberatung. „Jeder hat schließlich ein soziales Netzwerk“, fügt sie hinzu. „Und ungute Trennungen sprechen sich schnell herum und können das Firmenimage beschädigen und für einen Reputationsverlust sorgen.“
„Ein gutes Trennungsmanagement zeichnet sich durch einen fairen Umgang mit Mitarbeitern in einer schwierigen Situation aus.“
Charlotte Wolf, Rechtsanwältin, Bluedex
Die Trennungskultur muss zur Unternehmenskultur passen
Ein gutes Trennungsmanagement steht für einen „ordentlichen“ und wertschätzenden Umgang mit dem Mitarbeiter. Es bedeutet, in einer emotionalen Situation eine schwierige Entscheidung sachlich klar zu kommunizieren. Dazu gehört aber eben auch, einen Menschen aufzufangen und ihm im besten Fall Perspektiven für die Zukunft aufzuzeigen.
„Sicher freut sich niemand darüber, unangenehme Mitteilungen machen zu müssen. Aber im Trennungsgespräch ist das die Aufgabe der Führungskraft“, stellt Susanne Bitsch klar. „Wir raten dazu, dass zwei Unternehmensvertreter anwesend sind, also zusätzlich jemand aus dem Personalbereich für organisatorische Fragen und als möglicher Zeuge,“ ergänzt Charlotte Wolff. Die eigentliche Botschaft sollte jedoch immer von der Führungskraft kommen. Die soll gleichzeitig professionell, aber auch menschlich sein. Das ist heikel und viele Manager tun sich schwer damit. Persönliche Gefühle gegenüber dem Mitarbeiter müssen dabei zurückgestellt werden – seien sie positiv oder negativ. „Nicht umsonst veranstalten wir Workshops zum Thema Trennungsmanagement für Führungskräfte“, sagt die Outplacementexpertin Susanne Bitsch.
„Ungute Trennungen sprechen sich schnell herum und können das Firmenimage beschädigen und für einen Reputationsverlust sorgen.“
Susanne Bitsch, Geschäftsführerin PraeMontis
Das Trennungsgespräch – immer eine Gratwanderung
„Damit ein solches Trennungsgespräch so gut wie möglich läuft, muss es gut organisiert sein. „Es gilt, dem Menschen, der eine unangenehme Botschaft erhält, wirklich zur Seite zu stehen“, so Susanne Bitsch. Das gilt umso mehr, wenn das Gespräch womöglich rein virtuell geführt wird. „Das war vor der Pandemie ein absolutes No-Go“. Was schon für ein persönliches Treffen gilt, muss hier umso mehr beachtet werden. Dazu gehören die Wahl des Tages und die Uhrzeit. Wer einem Mitarbeiter die unangenehme Botschaft am Freitagmittag oder einen Tag vor dem Urlaub überbringt, zeigt wenig Einfühlungsvermögen.
„Bei einem virtuellen Gespräch muss außerdem die Technik gut funktionieren und alle Gesprächspartner pünktlich erscheinen“, betont Susanne Bitsch. Ein klingelndes Telefon, eine Kamera, die nicht funktioniert, Ton, der aussetzt oder der Gesprächsführer, der sich verspätet einwählt– das darf nicht sein.
Die Trennung soll ja ganzheitlich angegangen werden und ist daher nicht mit dem Kündigungsgespräch beendet, sondern erst dann, wenn das Arbeitsverhältnis vollständig abgewickelt und das Team wieder voll einsatzfähig ist. Deshalb ist eine klare Kommunikation gegenüber den Kollegen ebenso wichtig.
Was aber passiert, wenn eine Trennung eben nicht gut läuft oder die vom Unternehmen definierten Trennungsgründe rechtlich angreifbar sind? „Dann kommen wir als externe Fachleute ins Spiel“, so Charlotte Wolff. „Wir wollen die Trennung rechtssicher durchführen und abwickeln. Häufig bietet sich der Abschluss eines Aufhebungsvertrages an“. Damit kann eine Abfindung ebenso einhergehen, wie eine umfassende Outplacementberatung, in der mit einem Sparringspartner neue berufliche Perspektiven erarbeitet werden.
Die fünf häufigsten Fehler im Trennungsprozess
- Die juristische und organisatorische Planung ist ungenügend.
- Die Führungskraft führt nicht – ob im Trennungsgespräch oder bereits im Vorfeld.
- Im Trennungsgespräch werden unklare, nicht eindeutige Botschaften vermittelt, die falsche Hoffnungen wecken.
- Es existiert kein Kommunikationsplan.
- Die Nachfolge und der Wissenstransfer sind nicht geregelt.
Es gibt noch Luft nach oben
Zum zweiten Mal seit 2016 hat Kienbaum Consultants International im vergangenen Jahr eine Studie zum Thema Trennungsmanagement durchgeführt. Befragt wurden rund 3000 Führungskräfte und HR-Spezialisten. Das Ergebnis fasst Bernd Fricke, Director Executive NewPlacement & Karriereberatung so zusammen: „Die Wahrnehmung und Bedeutung einer Trennungsstrategie hat im Vergleich zu 2016 zugenommen, aber bei der Umsetzung mangelt es nach wie vor.“
So sagt rund die Hälfte der Befragten, dass es eine klar definierte Rekrutierungsstrategie gibt, aber nur rund ein Drittel bejaht das auch für eine Trennungsstrategie. „Noch immer sind sich viele Unternehmen der enormen Tragweite nach innen und außen nicht bewusst, die ungute Trennungen haben können“, so Bernd Fricke. Selbst bei Firmen, die bejahen, eine Trennungsstrategie zu haben, gibt es bei 74 Prozent keine klar definierten Prozesse, Tools oder Erfolgskennzahlen, so die Studie. Und rund 60 Prozent der Führungskräfte, die ein Trennungsgespräch führen sollen, werden nicht systematisch darauf vorbereitet.
„Eine gute und faire Trennung hat aber nicht nur Auswirkungen auf das Employer Branding und die Motivation der verbliebenen Mitarbeiter“, so Fricke. Rund ein Drittel der Befragten sehen Führungskräfte, von denen sie sich getrennt haben, als potenzielle Kandidaten zur Wiedereinstellung. Nicht zuletzt können sie auch zukünftige Kunden sein – oder zu Mitbewerbern wechseln.
Bernd Fricke weiß, dass die rechtliche Unsicherheit bei Trennungen häufig groß ist. Aber es gibt auch ein Bewusstsein dafür, dass rein „arbeitsrechtliche Trennungen“ die Situation komplizierter und zeitraubender machen. Schon allein darum bleibt „Fairness“ für alle Studienteilnehmer das wichtigste Element im Trennungsprozess. „Außerdem ist Hilfe von Experten weiter gefragt“, kommentiert er. So wurden bei 66 Prozent der Trennungen auf eine Out- oder New-Placement-Beratung zurückgegriffen und genauso häufig auf eine rechtliche Beratung.
Auf die Frage danach, was von einer Outplacement-Beratung erwartet wird, antworteten 62 Prozent mit „Beratung zum gesamten Trennungsprozess.“ Aber nur für 37 Prozent waren Workshops für Führungskräfte von Bedeutung – und nur für 30 Prozent die Erarbeitung einer Kommunikationsstrategie. Oder anders gesagt: Es ist noch Luft nach oben.
Die vollständige Kienbaum-Studie findet sich unter https://www.kienbaum.com/de/publikationen/trennungsmanagement-update-2021/
Gabriele Müller