Mitte Dezember des vergangenen Jahres präsentierte die Wirtschafts- und Beratungsgesellschaft PwC Zahlen aus ihrer „Global Risk Survey 2023“. Weltweit 3.910 Führungskräfte aus verschiedenen Unternehmensbereichen hat sie dazu laut eigenen Angaben befragt, davon rund 270 aus Deutschland. Als Departments sind genannt das Risk Management, Finance, IT, Operations und Internal Audit. Die Rechtsabteilung ist nicht explizit erwähnt. Das unterschätzt ihre Bedeutung und ihre Rolle. Aber: Sie hat in den meisten Unternehmen bereits eine Schnittstellenfunktion zu den meisten der genannten Abteilungen. Sie arbeitet mit an der strategischen Ausrichtung des Unternehmens und gerade im Zusammenhang mit den vielfältigen Aufgaben des Risikomanagements ist ihre Position wesentlich. Die Studie von PwC gab einen Ausblick auf das gerade begonnene Jahr: Für 2024 sehen 48 Prozent der deutschen Unternehmen Cyberrisiken als größte Bedrohung für ihre Organisation, gefolgt von der Inflation mit 43 Prozent. Knapp dahinter kommen dann schon die geopolitischen Konflikte, zusammen mit digitalen und technologischen Risiken, mit jeweils 41 Prozent. Unter Berücksichtigung der Einschätzung, dass Cyberrisiken oftmals Ausfluss weltweiter Spannungen und Auseinandersetzungen sind und auch die Inflation unmittelbare Folge globaler Krisenszenarien und deren Auswirkungen auf die Weltwirtschaft ist, kommt diesem Aspekt eine noch deutlich gestiegene Bedeutung zu. Problematisch dabei ist, dass eines in den vergangenen rund drei bis fünf Jahren verloren gegangen ist: die Vorhersehbarkeit von Entwicklungen, die letztlich für Stabilität und Sicherheit sorgt, nicht zuletzt bei der Planung und Umsetzung unternehmerischer Entscheidungen. Ausmaß und Wucht geopolitischer und geoökonomischer Veränderungen stellen Vorstände, Aufsichtsräte und Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer vor vielfältige Herausforderungen – und damit auch diejenigen, die ihnen jeweils zuarbeiten. Das betrifft insbesondere auch die Legal Departments, die wichtige Bausteine für das Fundament liefern, auf dessen Grundlage die Unternehmensleitung essenzielle Entscheidungen trifft. Sie sorgt damit auch dafür, dass Vorstände und Geschäftsführer nicht in eine Haftungsfalle geraten.
Interessanterweise sehen deutsche Unternehmen – so zumindest die Studie von PwC – „trotz wirtschaftlich unsicherer Zeiten und ständiger Veränderung Risiken nicht nur als Bedrohung, sondern auch als Chance für Transformation, Resilienz und Wachstum. Robert Paffen, Leader Risk & Regulatory bei PwC Deutschland, kommentiert das wie folgt: „Unternehmen können es sich nicht mehr leisten, sich auf einen reaktiven Ansatz zu verlassen, der sich in erster Linie auf die Vermeidung von Risiken konzentriert.“ Dabei zeigen sich die Führungskräfte in der Bundesrepublik laut der Erhebung gegenüber den aktuellen Herausforderungen zuversichtlicher als diejenigen aus anderen Ländern. Knapp die Hälfte der deutschen Unternehmen soll aber in den letzten zwölf Monaten in den Aufbau eines Resilienzteams investiert haben – ein weiteres Drittel plant das für das laufende Jahr. Ein weiterer Trend: Um Risiken zu steuern, wird verstärkt auf Technologie und Datenanalysen gesetzt. 55 Prozent der Befragten gaben an, KI und maschinelles Lernen zur automatischen Risikobewertung und -reaktion einzusetzen. Die aktive Rolle, die Unternehmen einnehmen sollen, lässt sich auch auf die Rechtsabteilung herunterbrechen: Je mehr sie agiert, desto mehr lässt sich geopolitisches Risikomanagement auch von ihr als Chance begreifen. Auch im neuen Jahr biete das Deutsche Institut für Rechtsabteilungen und Unternehmensjuristen den Lehrgang „Geopolitisches Risikomanagement“ an. Dieser findet am 15. Mai statt.
■Alexander Pradka