Werbung mit „klimaneutral“ nicht per se irreführend

Bei der Bewerbung von Produkten mit dem Attribut „klimaneutral“ ist Vorsicht geboten, schnell sieht sich ein Hersteller mit dem Vorwurf des Greenwashings konfrontiert. Umgekehrt stellt diese Form der Werbung aber auch nicht ohne weiteres eine Irreführung der Verbraucher da, sagt das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem aktuellen Urteil.
vom 11. Juli 2023
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Die Wettbewerbszentrale nahm den Fruchtgummihersteller Katjes und die Konfitürenherstellerin Mühlhauser auf Unterlassung der Bewerbung ihrer Produkte als „klimaneutral“ in Anspruch. Die Wettbewerbszentrale vertritt die Ansicht, dass die Werbung in beiden Fällen irreführend war, weil der angesprochene Kreis von Verbraucherinnen und Verbrauchern die Werbung so verstehe, dass der Herstellungsprozess von Fruchtgummi und Konfitüren selbst klimaneutral ablaufe. Erschienen war die Werbung in der Lebensmittelzeitung, die sich zwar primär an ein Fachpublikum wendet, aber auch von Konsumenten und Konsumentinnen gelesen wird und abonniert werden kann. Im Falle von Katjes entschied das OLG Düsseldorf zugunsten des Herstellers, im Falle von Mühlhauser jedoch nicht.  

Abstellen auf die Zielgruppe

Das Gericht führt zunächst aus, dass der durchschnittliche Verbraucher den Begriff „klimaneutral“ im Sinne einer ausgeglichenen Bilanz der CO2-Emissionen eines Produktes versteht. Es sei bekannt, dass die Klimaneutralität einerseits durch Vermeidung, andererseits aber auch über Kompensationsmaßnahmen wie etwa den Zertifikatehandel erreicht werden kann. Das OLG nennt als Beispiel die Flugreise – hier sei jedem bewusst, dass die Leistung an sich nicht ohne den Ausstoß von Emissionen möglich ist und genau für solche Fälle das Kompensationsmodell gedacht ist. Ob sich der Begriff der Klimaneutralität auf das Unternehmen als Ganzes oder nur ein Produkt beziehe, sei unerheblich.

Katjes genügt Informationspflicht 

Ein Unterlassungsanspruch kann sich allerdings aus der Verletzung einer Informationspflicht ergeben, also dann, wenn ein Hersteller Verbraucherinnen und Verbrauchern wesentliche Informationen vorenthalte. Auf welche Weise die Klimaneutralität erreicht werde, stelle eine wesentliche Information dar. Mittlerweile habe diese einen erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidung. Und gerade weil die Kompensationsleistungen bekannt seien, besteht ein Interesse an der Aufklärung über die grundlegenden Umstände der von einem Unternehmen beanspruchten Klimaneutralität. Katjes hat nach Ansicht des erkennenden Senats der Informationspflicht genügt. Die Anzeige in der Lebensmittelzeitung enthielt einen QR-Code, über den Interessenten zur Webseite „ClimatePartners.com“ gelangen können. Dort seien die erforderlichen Angaben zu finden. Der Verweis auf eine Webseite sei aus Platzgründen auch ausreichend. Der Werbung von Mühlhauser allerdings fehlte es an derartigen Informationen, sowohl in der Anzeige selbst, als auch auf der Produktverpackung.       

 

Copyright Bild: IMAGO/imagebroker  

Beitrag von Alexander Pradka

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