Werbung mit „klimaneutral“: Katjes verliert vor dem BGH

Anders als die Vorinstanzen verurteilt der Bundesgerichtshof den Fruchtgummi- und Lakritz-Hersteller Katjes zur Unterlassung. Die Verwendung des Begriffs „klimaneutral“ in der Werbung führt Konsumenten in die Irre, wenn dieser nicht konkretisiert wird und somit mehrdeutig bleibt.
vom 28. Juni 2024
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Es war ein langes und vielbeachtetes Verfahren, das nun sein Ende vor dem höchsten Gericht gefunden hat: Eine Werbeanzeige für die veganen Fruchtgummis „Grüne-Ohr-Hasen“ in der Fachzeitschrift Lebensmittelzeitung nahm die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs zum Anlass, den Hersteller Katjes nach vergeblichen Abmahnungen auf Unterlassung zu verklagen. Stein des Anstoßes: In der Anzeige warb Katjes damit, seit 2021 alle Produkte klimaneutral zu produzieren. Ein Logo verwendete den Begriff „klimaneutral“ und verwies auf die Webseite eines „Climate Partner“. Ebenfalls abgedruckt war ein QR-Code, über den Leserinnen und Leser auf diese Webseite gelangen konnten. Unstreitig ist der Produktionsprozess der Fruchtgummis selbst nicht CO2-neutral. Die Klimaneutralität soll also über verschiedene Kompensationen erreicht werden, Katjes unterstützt über den „Climate Partner“ Klimaschutzprojekte.    

 

Vorinstanz entschied noch anders

Für das zunächst mit der Angelegenheit befasste Landgericht reichten die von Katjes vorgenommenen Maßnahmen aus. Die Leserinnen und Leser der Lebensmittelzeitung verstünden den Begriff „klimaneutral“ im Sinne einer ausgeglichenen Bilanz der CO2-Emissionen. Ihnen sei bekannt, dass sowohl ein Produktionsprozess selbst klimaneutral sein könne – oder das Unternehmen die Neutralität über Kompensationsmaßnahmen erreiche. Die Information, wie das geschieht, sei zwar wesentlich, Katjes habe diese aber nicht etwa vorenthalten – der Verweis auf die Webseite des „Climate Partner“ reichte der Vorinstanz aus. Der Abruf via QR-Code sei zumutbar.  

 

Verweis auf „Climate Partner“ genügt nicht

Der BGH bejahte nun eine Irreführung, weil die Werbung mehrdeutig sei. Das Berufungsgericht habe nicht beachtet, „dass im Bereich der umweltbezogenen Werbung – ebenso wie bei gesundheitsbezogener Werbung – eine Irreführungsgefahr besonders groß ist und ein gesteigertes Aufklärungsbedürfnis der angesprochenen Verkehrskreise über Bedeutung und Inhalt der verwendeten Begriffe und Zeichen besteht“, so der BGH in seiner Urteilsbegründung. Bei einer Werbung, die einen mehrdeutigen umweltbezogenen Begriff wie „klimaneutral“ verwendet, müsse deshalb zur Vermeidung der Irreführung regelmäßig bereits in der Werbung selbst erläutert werden, welche konkrete Bedeutung maßgeblich ist. Aufklärende Hinweise außerhalb der umweltbezogenen Werbung seien insoweit nicht ausreichend. Im konkreten Fall sei die Erläuterung des Begriffs „klimaneutral“ deshalb erforderlich gewesen, „weil die Reduktion und die Kompensation von CO2-Emissionen keine gleichwertigen Maßnahmen zur Herstellung von Klimaneutralität darstellen, sondern eine Reduktion gegenüber der Kompensation unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes vorrangig ist“, so der BGH weiter. Die Irreführung sei wettbewerbsrelevant, da die Bewerbung eines Produktes mit einer Klimaneutralität für die Kaufentscheidung des Verbrauchers von erheblicher Bedeutung ist.

 

Copyright Bild: IMAGO / Manfred Segerer

Beitrag von Alexander Pradka

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