Wegen Fluggastklagen: Richterbund fordert Einsatz von KI

Bis Ende Juli verzeichnen die Amtsgerichte in der Bundesrepublik bereits rund 70.000 Entschädigungsklagen von Verbraucherinnen und Verbrauchern wegen verspäteter oder gänzlich gestrichener Flüge. Das sind zu diesem frühen Zeitpunkt schon so viele wie im gesamten vergangenen Jahr.
vom 5. September 2023
image

Sollte diese Entwicklung bis zum Ende des Jahres anhalten, könnte die 100.000er-Marke bei den Entschädigungsklagen im Zusammenhang mit Problemen bei Flügen deutlich übersprungen werden. Die Zahlen haben Recherchen der Deutschen Richterzeitung hervorgebracht. Mit deutlichem Abstand führt danach das Amtsgericht Köln mit knapp 18.800 Klagen die Tabelle an, gefolgt vom Amtsgericht Königs Wusterhausen (rund 8.650 Fälle), das für den Flughafen Berlin Brandenburg zuständig ist. Frankfurt am Main liegt auf Rang drei mit gut 8.630 Klagen. Auf den Plätzen vier und fünf folgen Düsseldorf (knapp 6.700) und das für den Flughafen München zuständige Amtsgericht Erding (knapp 5.600 Fälle).  

Personell und technisch nachrüsten

Der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn, zeigte sich Ende der vergangenen Woche über die angespannte Lage besorgt. Einen Grund für die enorme Zunahme von Fluggastklagen sieht er darin, dass Verbraucher und Verbraucherinnen diese mit Einsatz von moderner Technik deutlich leichter und schneller einreichen können: „Die Massenklagen von Fluggästen, die mithilfe von Legal-Tech-Anbietern wie Flightright ihre Rechte durchsetzen, machen vielen Gerichten schwer zu schaffen.“ Das führt zu einem Ungleichgewicht, weil auf der anderen Seite die Gerichte in Deutschland in dieser Hinsicht weniger gut ausgestattet sind und damit der Flut an Klagen nicht mehr gewachsen sind. Mit einer personellen Aufstockung allein ist es offenbar nicht getan. Die Politik sei gefordert, die betroffenen Amtsgerichte mit Unterstützung künstlicher Intelligenz technisch aufzurüsten, „damit sie die Klagewelle bewältigen und Verbrauchern schnell helfen können“, so Rebehn.   

 

Copyright Bild: IMAGO / A. Friedrichs

Beitrag von Alexander Pradka

Dies könnte Sie auch interessieren

Duden und Lobbyismus Duden und Lobbyismus, 23.06
Sachverständige diskutierten Änderungen des Lobbyregistergesetzes
Viele Wirtschaftszweige versuchen, mittels Lobbyisten Einfluss auf die Gesetzgebung zu nehmen. Von ihnen gibt es mehr als Abgeordnete im Bundestag. Seit...
Das Volkswagen Logo am Eingang der Volkswagen Sachsen GmbH in Zwickau
EU
Dieselgate: EuGH bestätigt Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem
Die Volkswagen Group Italia und die VW-Aktiengesellschaft beriefen sich in einem Verfahren vor dem Italienischen Staatsrat auf Art. 50 der Charta der Grundrechte...
230918_News_DSGVO_Auskunftsanspruch_thought-catalog-Nv-vx3kUR2A-unsplash
Keine eigenmächtige Ansprache von Kunden auf privaten Social-Media-Accounts
Verarbeiten Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter eines Unternehmens Kundendaten in ihren privaten Accounts auf sozialen Netzwerken, kann der Kunde oder die...