Eine Leasinggesellschaft mit Sitz in München hatte vor dem Landgericht in der bayerischen Landeshauptstadt Ansprüche gegen eine frühere Vertragspartnerin aus einem beendeten Leasingverhältnis geltend gemacht. Generell ist sie bundesweit tätig. Mit der Verfolgung der Ansprüche hatte sie eine Anwaltskanzlei in Köln beauftragt. Zum Gerichtstermin erschien auf Seiten der Leasinggesellschaft ein Unterbevollmächtigter aus Fürstenfeldbruck, auf der Gegenseite niemand. Daher erging ein Versäumnisurteil gegen die Beklagte, das auch rechtskräftig ist. In Frage stehen die Kosten für den Unterbevollmächtigten, geltend gemacht waren Kosten in Höhe von knapp 383 Euro.
Geht das zu weit?
Das Landgericht gestand der obsiegenden Partei aber nur fiktive Kosten eines Rechtsanwalts oder Rechtsanwältin, die vom am weitesten vom Gerichtsort entfernten Ort innerhalb des Gerichtsbezirks zu, knapp 20 Euro zuzüglich 25 Euro Abwesenheitspauschale. Gegen diese Kostenfestsetzung ging die Gesellschaft weiter vor. Das Beschwerdegericht erkannte zwar einen Ausnahmefall im Sinne des § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO). Danach sind „Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt“, nur insoweit zu ersetzen, „als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war.“ Die Klägerin sei „nicht gehalten gewesen, für die Vielzahl von im gesamten Bundesgebiet zu führenden ähnlich gelagerten Prozessen jeweils erneut einen Prozessbevollmächtigten am Prozessort zu beauftragen und neu zu instruieren“, so das Beschwerdegericht. Trotzdem gehe die Erstattung der Mehrkosten in voller Höhe „zu weit“. Wenn am Geschäftssitz Rechtsanwälte zugelassen seien, die in der Lage wären, die Funktion als „Hausanwalt“ zu übernehmen, seien nur die genannten fiktiven Kosten erstattungsfähig.
ZPO kennt keine Begrenzung
Diese Ansicht teilt der BGH nicht. Wenn die Hinzuziehung des externen Prozessbevollmächtigten notwendig ist, können die tatsächlichen Kosten nicht reduziert werden. Eine solche Begrenzung „sieht die Zivilprozessordnung nicht vor“, sagt der BGH. Die Kosten eines Unterbevollmächtigten stellen dann notwendige Kosten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO dar, wenn durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten in vergleichbarer Höhe erspart werden, die ansonsten bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden wären. Der BGH hob die Entscheidung des Beschwerdegerichts auf und verwies die Angelegenheit zurück. Dieses muss nun die erforderlichen Feststellungen zur Höhe der über den Betrag von knapp 45 Euro hinaus ersparten Reisekosten der Rechtsvertretung aus Köln treffen. Es „wird dabei zu beachten haben, dass eine geringfügige Überschreitung der ersparten Reisekosten der Erstattung der Kosten des Unterbevollmächtigten nicht entgegensteht. Eine wesentliche Überschreitung wird im Regelfall erst dann anzunehmen sein, wenn die Kosten der Unterbevollmächtigten die ersparten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten um mehr als zehn Prozent überschreiten.“
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