Verhandlung vor Arbeitsgericht muss öffentlich sein

Der Grundsatz der Öffentlichkeit von Gerichtsverfahren verlangt, dass „jedermann“ nach Maßgabe des tatsächlich verfügbaren Raums Zutritt zur Verhandlung erhält. Es gibt freilich Einschränkungen, vor allem aus Kapazitätsgründen. Ein Verstoß gegen das Grundprinzip ist ein absoluter Revisionsgrund im Sinne des § 547 Nr. 5 der Zivilprozessordnung.
vom 18. April 2022
image

Verhandlung vor Arbeitsgericht muss öffentlich seinDer Grundsatz der Öffentlichkeit von Gerichtsverfahren verlangt, dass „jedermann“ nach Maßgabe des tatsächlich verfügbaren Raums Zutritt zur Verhandlung erhält. Es gibt freilich Einschränkungen, vor allem aus Kapazitätsgründen. Ein Verstoß gegen das Grundprinzip ist ein absoluter Revisionsgrund im Sinne des § 547 Nr. 5 der Zivilprozessordnung.
In einem Berufungsverfahren schränkte das Landesarbeitsgericht Hamburg unter Hinweis auf die Coronavirus-Pandemie die Anzahl der Anwesenden Personen auf drei Richter und sieben weitere Personen ein. Das Problem: Dieses Kontingent teilten vollständig die Verfahrensbeteiligten unter sich auf. Infolgedessen war im Verhandlungsraum nicht einmal für einen Zuhörer Platz und die Öffentlichkeit damit ausgeschlossen. Das widerspricht den § 52 Satz 1 in Verbindung mit § 64 Abs. 7 Arbeitsgerichtsgesetz, nach denen Verhandlungen vor dem Landesarbeitsgericht öffentlich sind.
 

Ein Verzicht ist nicht möglich

Das Bundesarbeitsgericht stellt klar aus, dass der Grundsatz der öffentlichen mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme eine der Kontrolle entzogene Geheimjustiz verhindern soll. Die Allgemeinheit muss die Möglichkeit haben, ein Verfahren zu beobachten. Sachfremde und „das Licht der Öffentlichkeit scheuende“ Umstände dürfen keinen Einfluss auf das Gericht und dessen Urteil gewinnen können. Deshalb können die Parteien auch nicht auf die Öffentlichkeit verzichten. Insofern ist es unerheblich und nicht als Verzicht deutbar, wenn diese sich wie im zugrundeliegenden Fall auf die mündliche Verhandlung eingelassen und Sachanträge gestellt haben.
 

Ausnahmen sind klar geregelt

Das Bundesarbeitsgericht konstatiert, dass eine Reduzierung der Zuhörerzahl in einem Saal, um Abstandsregelungen einhalten zu können, zulässig ist. Öffentlich ist eine Verhandlung aber nur dann, wenn beliebige Zuhörer, und sei es nur in begrenzter Zahl, Einlass finden. Die Anzahl muss so groß sein, dass die Zuhörer noch als Repräsentanten einer keiner besonderen Auswahl unterliegenden Öffentlichkeit angesehen werden können. Ein einziger Platz wäre zu wenig, weil dies zu einem faktischen Ausschluss der Öffentlichkeit führen würde.
(BAG, 2 AZN 629/21)Bildnachweise: © IMAGO /Jan Huebner

Beitrag von Alexander Pradka

Dies könnte Sie auch interessieren

250428_News_BFH_Arbeitszimmer_getty-images_unsplash
EU
Umzug allein wegen Arbeitszimmer: Nicht abzugsfähig
Bezieht ein Steuerpflichtiger eine neue Wohnung, um dort erstmals ein Arbeitszimmer einzurichten, so sind die Aufwendungen für den Umzug nicht als Werbungskosten...
250424_News_Apple Meta Geldbuße_james-yarema-unsplash
EU
Hohe Geldbußen für Apple und Meta
Die EU-Kommission hat gegen Apple und die Facebook- sowie Instagram-Mutter Meta wegen des Verstoßes gegen das Gesetz über digitale Märkte (DMA) Geldbußen...
250423_News_Kein Hund im Büro_pavel-herceg-unsplash
Kein Hund im Büro
Aus der Tatsache, dass das Mitbringen eines Hundes an den Arbeitsplatz längere Zeit nicht beanstandet wurde, kann nicht auf eine grundsätzliche Erlaubnis...