Der Fall betrifft einen Mitarbeiter, der seit 1984 bei Volkswagen beschäftigt ist und zunächst als Anlagenführer tätig war. Nach den einschlägigen firmentarifvertraglichen Regelungen bezog er ein Gehalt entsprechend der sogenannten Entgeltstufe 13. 2022 wechselte er in den Betriebsrat und ist seitdem von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt. Anfang 2003 erhielt er die Mitteilung, dass das Unternehmen sein Arbeitsentgelt auf Basis des § 37 Abs. 4 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes entsprechend der mit ihm vergleichbaren Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung der Entgeltstufe 14 anpasst. Das ging in den Folgejahren so weiter, ab 2015 bezog er ein Gehalt gemäß Entgeltstufe 20. Das Urteil des Bundesgerichtshofs im Zuge zu viel gezahlter Betriebsratsvergütungen bei VW vom Januar 2023 nahm das Unternehmen zum Anlass, bei dem Betriebsratsmitglied eine Vergütung gemäß Stufe 18 für zutreffend zu erachten und forderte die von Oktober 2022 bis Januar 2023 die über die Entgeltstufe 18 hinausgehenden Beträge zurück. Im Februar 2023 erhielt er Entgelt gemäß der Entgeltstufe 17, ab März 2023 gemäß der Entgeltstufe 18. Das Betriebsratsmitglied verlangte die Vergütungsdifferenzen, den zurückgezahlten Betrag sowie die Feststellung, dass ab dem 1. Januar 2015 für ihn die Entgeltstufe 20 gelte. Für ihn sprachen die Anpassungsmitteilungen des Arbeitgebers, außerdem entspreche die Vergütung gemäß Entgeltstufe 20 der Tätigkeit als Fertigungskoordinator. Für diese Stelle hatte VW ihn als „Idealbesetzung“ angesehen, er verblieb aber im Betriebsrat und bewarb sich nicht.
Fehlerhaftigkeit der Anpassung muss der Arbeitgeber beweisen
Das zuständige Landesarbeitsgericht hatte den Zahlungsanträgen im Wesentlichen stattgegeben, im Hinblick auf die Entgeltstufe 20 aber erst mit Wirkung ab dem 1. Januar 2016. Der Anspruch ergebe sich allerdings nicht aus § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG, sondern nach § 78 Satz 2 BetrVG in Verbindung mit § 611a Abs. 2 BGB, Rechtsgrundlage sei der fiktive Beförderungsanspruch. VW legte dagegen Revision ein. Das Bundesarbeitsgericht hat den Fall an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Das Bundesarbeitsgericht führt aus, dass für das Vorliegen des Anspruchs aus § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG das Betriebsratsmitglied in der Darlegungs- und Beweislast steht. Korrigiert der Arbeitgeber eine mitgeteilte und gewährte Vergütungserhöhung, die sich für das Betriebsratsmitglied als Anpassung des Entgelts im Sinne dieses Paragrafen darstellte, muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass die Anpassung objektiv fehlerhaft war. Weiter sagt das Bundesarbeitsgericht: „Erst wenn der Arbeitgeber die Fehlerhaftigkeit der Vergütungsanpassung darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen vermag, wird das Landesarbeitsgericht über die Zahlungsanträge aufgrund des hilfsweise erhobenen Anspruchs des Betriebsratsmitglieds infolge des Verbots einer Benachteiligung bei seiner beruflichen Entwicklung zu befinden haben.“ Aus § 78 Satz 2 BetrVG in Verbindung mit § 611a Abs. 2 BGB könne sich ein unmittelbarer Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf eine bestimmte Vergütung ergeben, wenn sich die Zahlung einer geringeren Vergütung als Benachteiligung wegen der Betriebsratstätigkeit herausstellt. „Dieser bildet einen eigenständigen prozessualen Anspruch, § 37 Abs. 4 Satz 1BetrVG enthält insoweit keine abschließende Regelung über die Höhe des Arbeitsentgelts des Amtsträgers“, so das Bundesarbeitsgericht.
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