Urheberrechtsschutz erfordert eigenschöpferische Prägung

Fremde Werbetexte oder Teile davon ohne Genehmigung für die Vermarktung der eigenen Dienstleistung zu nutzen, ist nicht zwangsläufig ein Verstoß. Nur solche Originalwerke, die von den üblichen Anpreisungen abweichen, genießen Urheberrechtsschutz.
vom 18. Februar 2021
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Urheberrechtsschutz erfordert eigenschöpferische Prägung

Fremde Werbetexte oder Teile davon ohne Genehmigung für die Vermarktung der eigenen Dienstleistung zu nutzen, ist nicht zwangsläufig ein Verstoß. Nur solche Originalwerke, die von den üblichen Anpreisungen abweichen, genießen Urheberrechtsschutz. In einem aktuellen Fall wies das Landgericht Frankenthal daher die erhobene Klage ab (Az.: 6 O 102/20).
Der Inhaber einer auf Fahrzeuge aus dem VW-Konzern spezialisierten Kfz-Werkstatt pries seine gewerblichen Dienstleistungen unter anderem über Ebay Kleinanzeigen an. Hierbei ging es vor allem um die Möglichkeit, für diverse Marken und Modelle einen so genannten Spurhalteassistenten nachzurüsten. Der Werbetext nannte zudem die damit verbundenen Vorteile sowie ein konkretes Preisbeispiel und zählte diverse Fahrzeugtypen auf.
 
 

Urheber des Originals klagt auf Unterlassung

Ein Mitbewerber hielt den knapp 2.200 Zeichen umfassenden Originaltext offenbar für so prägnant, dass er gut zwei Drittel davon – konkret die hinteren Passagen – wortgleich zur Bewerbung identischer Dienstleistungen über Ebay Kleinanzeigen sowie auf Facebook verwendete. Hierzu holte er zur Nutzung weder eine Genehmigung ein, noch benannte er den Urheber im Rahmen der Veröffentlichung. Als Konsequenz fing er sich eine Klage ein.
 

Beklagter verneint notwendige Schöpfungshöhe

Der Kläger argumentierte, der Text sei als Sprachwerk urheberrechtlich geschützt. Beide Parteien seien zudem Mitbewerber im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Er forderte den Konkurrenten zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und Zahlung von Schadensersatz auf. Der Beklagte wies die Forderung mit der Begründung zurück, der Originaltext erreiche nicht die erforderliche Schöpfungshöhe, um urheberrechtlichen Schutz zu genießen.
 

Grundsätzlich auch einfache Texte schutzfähig

Dieser Auffassung folgte das Landgericht Frankenthal. Es wies die Klage als unbegründet ab. „Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch weder nach § 97 Abs. 1 UrhG noch nach § 8 Abs. 1 UWG zu“, heißt es zu den Entscheidungsgründen im Urteil. Prinzipiell könnten auch einfache geistige Schöpfungen als unterste Grenze des Anwendungsbereichs aufgrund der „Kleinen Münze“ urheberrechtlich schutzfähig sein.
 

Werbetexte müssen Katalogsprache übersteigen

Dies gelte jedoch nicht für Gebrauchstexte, die sich in einer einfachen Aneinanderreihung von technischen Informationen erschöpften, betonten die Richter. Denn trotz der geringen Anforderungen an den Schöpfungsgrad sei ein Schriftwerk erforderlich, das als persönlich-geistige Schöpfung zu bewerten ist. Werbetexte müssen über die üblichen Anpreisungen hinausgehen, um Urheberrechtsschutz zu erlangen. Das sei hier nicht der Fall.
 

Erforderliche schöpferische Eigenart nicht gegeben

Beim fraglichen Text handelt es sich eindeutig um das Angebot und die Beschreibung von Spurhalteassistenten. Der Text bestehe überwiegend aus kurzen Sätzen, mit denen zum größten Teil nur deren Funktion und Vorteile unter Verwendung einfacher Formulierungen und üblicher Werbefloskeln beschrieben werden. Dem Gesamteindruck der konkreten Textgestaltung nach lasse sich die erforderliche schöpferische Eigenart nicht feststellen.
 

Auch kein Unterlassungsanspruch gemäß UWG

Mangels wettbewerblicher Eigenart sei der streitgegenständliche Text zudem nicht dazu geeignet, eine Herkunftstäuschung gem. § 4 Nr. 3 UWG bei Verbrauchern hervorzurufen, so das Gericht. Die konkrete Ausgestaltung reiche nicht aus, um die angesprochenen und interessierten Verkehrskreise auf dessen betriebliche Herkunft hinzuweisen. Ebenso nicht erkennbar sei die gezielte Behinderung des Klägers durch die Textnutzung des Beklagten. Bildnachweise: © imago images / Bernhard Classen

Beitrag von Alexander Pradka

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