Mit einem Steuersatz von 33 Prozent will die Europäische Kommission Gewinne der Betriebe in diesem Segment belegen, die den Durchschnittsgewinn aus den Jahren 2018 bis 2021 um 20 Prozent übersteigen. Das gilt für die Wirtschaftsjahre 2022 und 2023, beziehungsweise bei abweichenden Wirtschaftsjahren für den Zeitraum 2022/2023 und 2023/2024.
Richtlinie statt Verordnung?
Kritisiert wurde bereits das von der EU gewählte Verfahren: Professor Dr. Heribert Anzinger von der Universität Ulm monierte, dass als Grundlage für die Verordnung der energiepolitische Fragen und nicht Steuern betreffende Artikel 122 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gewählt worden sei. Professor Dr. David Hummel von der Universität Leipzig wies darauf hin, dass es sich beim Energiekrisenbeitrag um eine zusätzliche Ertragsteuer handele. Für diese gelte das Einstimmigkeitsprinzip im Ministerrat und damit die Pflicht zur Beteiligung des Europäischen Parlaments. Er konnte darüber hinaus nicht nachvollziehen, wie mit neuen Steuern die Versorgung mit Energie sichergestellt werden soll. Er bemängelte außerdem die Wahl der Verordnung als Mittel, eine Richtlinie wäre aus seiner Sicht die bessere Wahl gewesen.
Wachsende Rechtsunsicherheit?
Auch Dietmar Grosch, Partner der WTS Group, meint, dass mit der Maßnahme nicht die Mangellage selbst, sondern allenfalls die Folgen einer Mangellage beseitigt werden. Preissteigerungen und daraus generierte Gewinne seien überdies natürliche Marktreaktionen und keine Störungen des Marktgeschehens. Professor Dr. Simon Kempny von der Universität Bielefeld ergänzte, dass die mit Beginn des Jahres 2022 angefallenen großen Krisengewinne aus der Regelung herausfallen, wenn das Wirtschaftsjahr des Betriebes erst Mitte des Jahres beginne und dies für die Besteuerung herangezogen werden würde. Der Bundesverband der deutschen Industrie kritisierte, dass die neue Steuer die verlässlichen Rahmenbedingungen für die Unternehmen in Frage stelle. Er warnte vor Doppelbelastungen, im Übrigen müsse die Steuer als Betriebsausgabe abziehbar sein und nur für ein Jahr erhoben werden. Zu kurz greifen die Regelungen nach Ansicht des Netzwerks Steuergerechtigkeit. 40 bis 50 Milliarden an Einnahmen aus der Übergewinnsteuer wären möglich, mit dem Vorhaben auf dem aktuellen Stand würde indes nur ein kleinerer Teil „zurückgeholt“.
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