Verdachtsberichterstattung bedarf hinreichender Beweistatsachen
Medien haben die Aufgabe, die Öffentlichkeit über wichtige Ereignisse der Gegenwart zu informieren. Verdachtsberichterstattung ist in diesem Zusammenhang ein gängiges Mittel. Bei einem Beitrag über einen Arzneimittel-Großhändler sah das Kammergericht Berlin die Grenze überschritten (10 U 59/19). Es fehlte der Mindestbestand an Beweistatsachen.
Geklagt hatte der Arzneimittelhändler Lunapharm gegen die Berichterstattung des ARD-Politikmagazins „Kontraste“. In dem Beitrag wurde das Unternehmen mit Sitz in Mahlow/Brandenburg ins Zentrum eines internationalen kriminellen Netzwerks gerückt und dabei der Verdacht geäußert, Lunapharm handele mit gefälschten Krebsmedikamenten. Hierfür lieferte der produzierende Sender RBB jedoch keine hinreichenden Beweissachen.
Landgericht gibt Klage nur teilweise statt
Das Landgericht Berlin hatte der Klage des Unternehmens gegen den RBB erstinstanzlich teils stattgegeben. Der geäußerte Verdacht, Lunapharm sei in kriminelle Machenschaften verstrickt, sei vorverurteilend gewesen, so die Begründung. Die von Lunapharm zusätzlich erhobene Klage auf Feststellung des entstandenen Schadensersatzes wiesen die Richter allerdings zurück. Gegen das Urteil hatten beide Parteien Berufung eingelegt.
Kammergericht bestätigt Vorinstanzurteil
In zweiter Instanz bestätigte das Kammergericht Berlin die Auffassung des Landgerichts. Die im TV-Beitrag sowie einem Online-Artikel gemachte Behauptung, Lunapharm sei Teil eines kriminellen Netzwerks und handele illegal mit gefälschten Medikamenten, habe die Grenzen zulässiger Verdachtsberichterstattung überschritten. Die „Kontraste“-Redaktion habe beides nicht durch einen Mindestbestand an Beweistatsachen erhärten können.
Auch in Berufung keinen Schadensersatz
Im Übrigen sei der Bericht jedoch nicht zu beanstanden, insbesondere habe der RBB dem Arzneimittel-Großhändler auch eine ausreichend lange Frist zur Stellungnahme gegen die Vorwürfe gesetzt. Deshalb, so das Gericht weiter, habe man auch nicht dem Anspruch auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht entsprechen können. Damit findet ein Verfahren endlich seinen Abschluss, das sich über mehr als zwei Jahre hingezogen hatte.
TV-Sender verzichtet auf erneute Revision
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Revision hat der 10. Zivilsenat des Kammergerichts nicht zugelassen, wie es in einer Pressemitteilung zum Fall heißt. Beide Parteien können hiergegen jedoch Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen. Der für die „Kontraste“-Produktion verantwortliche TV-Sender RBB hat allerdings bereits kurz nach Urteilsverkündung erklärt, von diesem Recht keinen Gebrauch zu machen.Bildnachweise: © imago images / epd