Ein Diplom-Ingenieur hatte mehrfach und ohne Anweisung von Vorgesetzten beziehungsweise seines Arbeitgebers für Auftragserteilungen von beauftragten Unternehmen kostenlose Leistungen – laut Angaben des Bundesfinanzhofs überwiegend für den privaten Hausbau – erhalten. Er kassierte dafür eine Verurteilung wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr und Steuerhinterziehung. Auf gerichtliche Anordnung wurden Bestechungsgelder eingezogen. Das zuständige Finanzamt behandelte diese „Schmiergeldzahlungen“ beziehungsweise Zuwendungen seitens der beauftragten Unternehmen als Entgelte für steuerpflichtige Leistungen und unterwarf diese der Umsatzsteuer. Die geleisteten Zahlungen an die Landesjustizkasse minderten nach Ansicht des Finanzamtes nicht die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer.
Unzulässige Doppelbelastung des Täters
Da ist der Bundesfinanzhof (BFH) anderer Meinung. Bestechungsgelder seien neben den sonstigen, dem Ingenieur gewährten Entgelten umsatzsteuerrelevant, auch wenn es sich um illegale Zahlungen handelt. Jedoch mindern die eingezogenen Beträge die steuerliche Bemessungsgrundlage, so der BFH. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs „ist eine Verminderung in diesen Fällen geboten, da ansonsten der Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes, Artikel 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verletzt wäre“, heißt es in einer Mitteilung des BFH. Es käme zu einer unzulässigen Doppelbelastung des Täters: Zum einen würde der durch die strafbare Handlung erwirtschaftete Vorteil durch die strafrechtliche Einziehung der Bestechungsgelder abgeschöpft, zum anderen würde diese aber im selben Umfang der Umsatzsteuer unterworfen. Keine Rolle spielt laut BFH, dass der eingezogene Betrag in der Staatskasse verbleibt und nicht an den leistenden Unternehmer zurückgezahlt wird.
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