Der EuGH beschäftigte sich mit dem Fall aufgrund einer Vorlage des französischen Staatsrats. Die französische Regierung hatte Lebensmittelherstellern per Dekret verboten, Bezeichnungen wie „Steak“ oder „Wurst“ auf ihren Packungen zu verwenden, selbst wenn diese ergänzende Klarstellungen wie „pflanzlich“ oder „aus Soja“ enthalten. Gegen dieses Dekret wandten sich die Vereinigung Protéines France, die European Vegetarian Union (EVU), die Association végétarienne de France (AVF) und Beyond Meat Inc. Sie vertreten die Ansicht, dass das Regierungsdekret gegen europäisches Recht verstößt, konkret gegen die EU-Verordnung 1169/2011. Diese betrifft die Information von Verbrauchern über Lebensmittel. Sie möchten die Nichtigerklärung des Dekrets erreichen.
Gegen Irreführung kann immer vorgegangen werden
Der EuGH stellt fest, dass das Unionsrecht eine widerlegbare Vermutung aufstellt: Danach schützen die im Einklang mit der Verordnung stehenden Informationen von Lebensmittelproduzenten Verbraucher in ausreichendem Maße. Das gelte auch für den Fall, dass ein Bestandteil oder eine Zutat vollständig ersetzt wurde, von dem oder von der Verbraucher ausgehen dürfen, dass sie enthalten sind – solange auch da eine verkehrsübliche Bezeichnung erkennbar ist. Ein Mitgliedstaat könne zwar eine bestimmte Bezeichnung rechtlich vorschreiben, um eine Verbindung zwischen dem speziellen Ausdruck und einem bestimmten Lebensmittel herzustellen. Der EuGH bringt aber klar zum Ausdruck, dass eine Maßnahme wie das Dekret, die darauf abzielt, die Verwendung bestimmter Begriffe zur Bezeichnung von Lebensmitteln mit spezifischen Eigenschaften zu verbieten, nicht ausreicht. Es müsste schon konkret geregelt sein, welche Voraussetzungen Lebensmittel erfüllen müssen. Wenn ein Mitgliedstaat also keine rechtlich vorgeschriebene Bezeichnung eingeführt hat, darf er Hersteller von Lebensmitteln auf Basis pflanzlicher Eiweiße nicht durch ein allgemeines, abstraktes Verbot daran hindern, durch Verwendung verkehrsüblicher oder beschreibender Bezeichnungen ihrer Verpflichtungen nachzukommen. Der EuGH weist allerdings darauf hin, dass eine nationale Behörde gegen Lebensmittelunternehmen vorgehen kann, wenn sie den Eindruck hat, dass konkrete Modalitäten des Verkaufs oder die Förderung des Absatzes den Verbraucher irreführen.
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