An den Oberlandesgerichten sollen künftig große internationale Streitigkeiten in Handelssachen erstinstanzlich durch spezialisierte Senate durchgeführt werden. Von der Klageerhebung über das gesamte Verfahren hinweg ist als Verhandlungssprache Englisch vorgesehen. Verschiedene aus der Schiedsgerichtsbarkeit bekannte Vorteile sollen integriert werden, so zum Beispiel das Wortprotokoll, das die Parteien bereits während der Verhandlung mitlesen können. Ziel ist es den „Justiz- und Wirtschaftsstandort Deutschland nachhaltig zu stärken“, wie es im Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums heißt.
Notwendige Rechtsfortbildung
Die Vorsitzende Richterin am Landgericht Hamburg, Heike Hummelmeier, nannte es einen „Anachronismus, dass in Deutschland nicht auf Englisch verhandelt werden kann. Als „wesentlichen Standortfaktor“ bezeichnete der Vorsitzende Richter am Landgericht Stuttgart, Patrick Melin, die staatliche Justiz, die umfangreiche Streitigkeiten zwischen internationalen Parteien effektiv und sachgerecht erledigt. Er betonte, dass die staatliche Gerichtsbarkeit eine „notwendige Ergänzung zur Schiedsgerichtsbarkeit“ sei, um zur Rechtsfortbildung beizutragen. So gäbe es beispielsweise im Unternehmenskaufrecht keine obergerichtlichen Entscheidungen mehr, weil die Parteien in der Regel eine Schiedsklausel vereinbarten.
Konkurrentin Schiedsgerichtsbarkeit
Die Schiedsgerichtsbarkeit als große Konkurrentin zu staatlichen Commercial Courts ist ein häufiger gehörter Hinweis. Es sei alles andere als leicht, internationale Parteien vor staatliche Gerichte zu ziehen, sagte vor dem Rechtsausschuss die Rechtswissenschaftlerin Gisela Rühl, Lehrstuhlinhaberin an der Humboldt-Universität in Berlin. Im Vergleich mit der Schiedsgerichtsbarkeit werde die deutsche Justiz auch nach den angestrebten Änderungen „erhebliche Nachteile“ haben. Die Sachverständigen plädierten außerdem für einen geringeren Streitwert für das Verfahren an den Oberlandesgerichten, der Bundesrat hatte in seinem Papier zwei Millionen Euro vorgeschlagen. Damit bestünde die Gefahr, dass zu wenige Verfahren bei den neuen Spruchkörpern landen und der gewünschte Spezialisierungseffekt nicht eintrete.
Änderung des AGB-Rechts?
Es gab auch Sachverständige, die Änderungen im materiellen Recht forderten. Das betrifft insbesondere das AGB-Recht. Die Anwendung der entsprechenden Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch sowie die strenge Auslegung des Bundesgerichtshofes (BGH) zur Inhaltskontrolle führten dazu, dass internationale Unternehmen andere Rechtsordnungen für ihre Verträge wählten. Rechtsanwalt Werner Müller (Deutscher Anwaltverein): „Der Commercial Court wäre zum Misserfolg verdammt, wenn die starre AGB-Kontrolle, wie sie vom BGH für den unternehmerischen Geschäftsverkehr gehandhabt wird, nicht geändert wird.“
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