Arbeitgeber ordnet Quarantäne an – Lohnanspruch bleibt erhalten
Wenn die verantwortliche Behörde eine Betriebsschließung oder die Quarantäne einzelner Mitarbeiter anordnet, stellt dies ein Unternehmen nach den Grundsätzen der gesetzlichen Risikoverteilung von der Pflicht zur Vergütung frei. Andernfalls muss es nach einem Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund auch ohne Arbeitsleistung entlohnen (Az.: 5 Ca 2057/20).
Ein Ehepaar hatte den Urlaub im März 2020 in Tirol in Österreich verbracht. Während des Aufenthalts in einer Ferienwohnung mit Selbstverpflegung erhob das Robert-Koch-Institut (RKI)Tirol zum Risikogebiet. Wieder in Deutschland, mussten sich beide auf Anordnung ihres (selben) Arbeitgebers in zweiwöchige Quarantäne begeben. Die ausgefallene Arbeitszeit verrechnete das Unternehmen mit entsprechenden Positivsalden des Arbeitszeitskontos.
Mitarbeiter klagt auf Fortzahlung der Vergütung
Dem Betroffenen erschien dies nicht statthaft. Seiner anschließenden Klage auf Gutschrift der durch die Quarantäne ausgefallenen Arbeitsstunden gab das Arbeitsgericht Dortmund statt. Ein solcher, die verrechneten Stunden des Arbeitszeitkontos betreffender Anspruch sei aus dem Arbeitsvertrag nach den Grundsätzen der Betriebsrisikolehre i. V. m. § 615 S. 1 und 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) herzuleiten. Eine behördliche Quarantäneanordnung habe nicht vorgelegen.
Arbeitgeber muss auch ohne Leistung entlohnen
Die Dortmunder Arbeitsrichter entschieden, nach § 615 S. 3 BGB könne der Arbeitnehmer „die vereinbarte Vergütung nämlich auch dann verlangen, wenn die Arbeit ausfällt und der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt“. Gleiches gelte, wenn der Arbeitgeber das Unternehmen zum Beispiel aus Gründen, die in seinem betrieblichen oder wirtschaftlichen Verantwortungsbereich liegen, einschränke oder stilllege. Dies war hier gegeben.
Behördliche Quarantäneanordnung lag nicht vor
Im Falle der Quarantäneanordnung wäre der Arbeitgeber nur dann von der Verpflichtung zur Zahlung der Vergütung frei geworden, wenn diese – oder gar eine Betriebsschließung – durch die zuständige Gesundheitsbehörde angeordnet worden wäre. Dies hätte auch für den Umstand gegolten, dass der Arbeitnehmer „quasi sehenden Auges entgegen einer Einstufung des RKI ein Risikogebiet aufsucht, um dort Urlaub zu machen“, so die Richter.
Arbeitnehmer kann kein Vorsatz unterstellt werden
Nach der Gefahrenspährentheorie wäre in solchen Fällen zumindest ein Überwiegen der Verantwortlichkeit des Arbeitnehmers anzunehmen, das möglicherweise dazu führt, dass er das Vergütungsrisiko für den Arbeitsausfall zu tragen hätte. Eine solche Konstellation lag im vorliegenden Fall nicht vor. Selbst wenn, wäre hier dann konkret auch die Form des Aufenthalts als kontaktarmer Urlaub in Selbstversorgung zu berücksichtigen gewesen.
Der Arbeitgeber hat gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund Berufung beim Landesarbeitsgericht Hamm eingelegt (Az.: 10 Sa 53/21). Bildnachweise: © imago images / MiS