Nach Cum-Ex: Verschwiegenheitspflicht von Börsen und Aufsichtsbehörden soll fallen
Der Bundesrat hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Börsengesetzes beschlossen. Diese hätte weit reichende Konsequenzen: Die Verschwiegenheitspflicht von Börsen und Börsenaufsichtsbehörden sowie deren Mitarbeitern wird neu geregelt – und Finanzbehörden könnten wesentlich leichter an Informationen kommen. Anlass für die Initiative sind Erkenntnisse aus der Aufarbeitung des Cum-Ex-Skandals.
„Manipulationen im Zusammenhang mit dem Börsenhandel zwecks Steuerverkürzung erschüttern das Vertrauen in den deutschen Finanzmarkt und fügen ihm schweren Schaden zu“, so die Begründung der Auffassung der Bundesregierung, die mit Schreiben vom 4. August an den Bundestag gegangen ist. Vorkommnisse – wie der Cum-Ex-Skandal – hätten gezeigt, dass „der Informationsaustausch mit den Finanzbehörden gestärkt und die Restriktionen der börsenrechtlichen Verschwiegenheitsregelungen daher neu ausgerichtet werden müssen.“ Mit der Neuregelung will die Bundesregierung das Vertrauen in den deutschen Finanzmarkt wiederherstellen und dauerhaft stärken.
Änderung des Börsengesetzes
Im Mittelpunkt der Änderung steht die Verschwiegenheitspflicht im § 10 des Börsengesetzes. Dessen Absatz 3 führt aktuell dazu, dass Börsen und Börsenaufsichtsbehörden konkrete Tatsachen, die ihnen vorliegen oder verfügbar gemacht werden können, nicht an die Finanzbehörden übermitteln dürfen. Und das, obwohl diese für die Aufarbeitung und Ahndung von Sachverhalten entscheidend sein können. Der Cum-Ex-Skandal hat die negativen Auswirkungen gezeigt – ein langes, zähes und zeitweise gelähmtes Verfahren, teilweise geprägt von mangelnder Transparenz und Schwierigkeiten, die Geschehnisse im gebotenen Umfang aufzuklären. § 10 Abs. 3 BörsG soll daher jetzt gestrichen, der Zugriff auf Informationen erleichtert werden.
Veraltete Vorschriften
Im Beschluss des Bundesrates heißt es, das Gesetz sei „nicht mehr zeitgemäß“ und beeinträchtige die Aufarbeitung von Fällen wie den Cum-Ex-Skandal im Wege vor allem von nachträglicher Besteuerung „massiv“. Zwar sei das Tatbestandsmerkmal des zwingenden öffentlichen Interesses schon weggefallen, aber auch das der „Steuerstraftat“ müsse entfernt werden. Diese Schwelle sei „deutlich zu hoch angesiedelt, um einen effizienten Informationsaustausch sicherzustellen, bei welchem die Finanzmarkt- und Steuerintegrität „hinreichend gewahrt werden kann“. Gesehen wird auch ein Wertungswiderspruch. So können Börsen zurzeit außerbörsliche Handelsdaten, die ihnen über außerbörsliche Handelsmodelle vorliegen, ohne weiteres an die Finanzbehörden weitergeben, Börsenhandelsdaten hingegen nicht.
Anlass weiterhin notwendig
Künftig wären damit die materiellen Hürden für den Informationszugriff der Finanzbehörden deutlich gesenkt. Ziel des Gesetzesentwurfs ist auch, Ressourcen von Börsenaufsichts- und Finanzbehörden zweckentsprechend und effizient einzusetzen. Wobei es bleibt: Informationen können nicht ohne Weiteres, sondern nur mit einem Anlass angefordert werden. Das ist gemäß Abgabenordnung (AO) dann der Fall, wenn diese zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlich sind, wenn ein hinreichender Anlass für Ermittlungen besteht und andere zumutbare Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung keinen Erfolg versprechen oder wenn es um die Sicherung der Besteuerung geht.
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