Die Kronzeugenregelung der Kommission eröffnet Unternehmen die Chance, ihre Beteiligung an einem Kartell in vertraulicher Form offenzulegen und während der darauffolgenden Untersuchung mit der Kommission zusammenzuarbeiten. Ein besonderer Anreiz wird dadurch geschaffen, dass potenzielle Geldbußen vollständig oder zumindest teilweise erlassen werden. Je nach Unternehmensgrößen, Art und Umfang der als Kartell einzustufenden Zusammenarbeit können die Geldbußen sehr hoch ausfallen.
EU-Kommission gibt Leitlinien heraus
Die Kommission hat entschieden, diese Leitlinien in Form eines FAQ-Dokuments bereitzustellen, das Unternehmensjuristinnen und -juristen sowie externen Beraterinnen und Beratern die Arbeit erleichtert. Das Dokument enthält Klarstellungen zur Anwendung der Kronzeugenregelung, Einzelheiten zum Rechtsschutz und erläutert die Vorteile, die sich aus der Entscheidung, als Kronzeuge auftreten zu wollen, ergeben. Außerdem nennt es Ansprechpartner, an die sich die mit einem konkreten Fall Beschäftigten wenden können, um informelle Ratschläge zur Regelung selbst beziehungsweise zur Einreichung des Antrages zu erhalten.
Vorabklärung wird vereinfacht
Die Kommission unterstreicht ihre Bereitschaft, potenzielle Anträge auf Kronzeugenbehandlung anonym und hypothetisch zu erörtern. Das bedeutet, potenziell Beteiligte müssten zunächst einmal keine Details angeben, die zur Offenlegung des Kartells führen können, so etwa Angaben zu Unternehmen oder der betroffenen Branche. Ziel ist es, dass die Verantwortlichen erst einmal vergewissern, ob das thematisierte Verhalten als Kartell einzustufen ist und ob eine Offenlegung überhaupt den Weg zum Kronzeugenstatus ermöglicht. Diese Vorabklärung kann insbesondere in neuartigen Fällen nützlich sein oder dann, wenn Unklarheit über den Anwendungsbereich der Kronzeugenregelung besteht.
550 Anträge seit 2006
Seit 1996 existiert bei der EU-Kommission die Kronzeugenregelung, die aktuell gültige gibt es seit 2006. In den 16 Jahren bis heute hat die Kommission laut eigenen Angaben 550 Anträge auf Gewährung des Kronzeugenstatus erhalten und 54 Kartellbeschlüsse in Fällen erlassen, die durch Anträge auf Kronzeugenbehandlung überhaupt erst bekannt wurden.
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