Missbrauch des Dienstwagens rechtfertigt nicht immer Rauswurf
Die unerlaubte Privatnutzung eines Dienstwagens stellt prinzipiell eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung und somit einen Kündigungsgrund dar. Es sind aber stets die Interessen beider Parteien abzuwägen. Im aktuellen Fall verwarf das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf deshalb die fristlose Kündigung eines langjährigen Arbeitnehmers (Az.: 6 Sa 522/20).
Ein Mitarbeiter im Außendienst hatte seit 1984 als Energieanlagenelektroniker Stromzähler für einen Netzbetreiber montiert. Der Arbeitgeber stellte ihm dafür ein Fahrzeug bereit, das ausschließlich dienstlich genutzt werden durfte. Die Touren mussten in einem Fahrtenbuch händisch dokumentiert werden. Mit der Umstellung auf ein elektronisches Fahrtenbuch ab 2019 fiel dem Unternehmen auf, dass der Mann seinen Wagen wiederholt privat nutzte.
Kündigungsschutzklage in zwei Instanzen Bestand
In der unberechtigten Privatnutzung erkannte der Arbeitgeber einen Arbeitszeitbetrug. Der Betriebsrat wurde angehört und daraufhin dem – ordentlich unkündbaren – Arbeitnehmer fristlos gekündigt. Hiergegen erhob der Betroffene mit Erfolg Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Wuppertal. Der Arbeitgeber ging in Revision. Doch auch in zweiter Instanz obsiegte der Außendienstmitarbeiter vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf.
„Überzogene Pausen“ schon kein Kündigungsgrund
Schon für den gegenüber dem Monteur erhobenen Vorwurf überzogener Pausen aufgrund von Standzeiten des Fahrzeugs nach der Pausenzeit habe der Stromnetzbetreiber keinen Kündigungsgrund nachweisen können, heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichts zu dem Urteil. Der Mitarbeiter sagt, in diesen Zeiten habe er – wie vom Arbeitgeber bestimmt, abseits der Kunden – die Schrauben der Zählerplatten für die Montage nachgezogen.
Kurze Stopps für regelmäßig nötige Toilettengänge
Soweit der Außendienstler unstreitig mit dem Dienstfahrzeug seine Wohnung aufgesucht hatte, konnte nach Einschätzung des Gerichts offen bleiben, ob ihm dies ein Vorgesetzter aufgrund einer Erkrankung des Mitarbeiters für Toilettengänge gestattet hatte. Es handelte sich um Fälle, bei denen der Mann zwar nicht direkt, allerdings jeweils nur mit einem sehr kurzen Umweg wiederholt an seinem Haus vorbeigefahren ist, um auszutreten.
Geschuldete Arbeitsleistung täglich voll erbracht
Mit Blick auf die lange, beanstandungsfreie Beschäftigungszeit und angesichts des zeitlich begrenzten Aufenthalts zu Hause fiel die Interessenabwägung des Gerichts zu Lasten des Arbeitgebers aus. Entsprechendes gilt für den Vorwurf, der Mitarbeiter habe während der Arbeitszeit einige Male einen Freund besucht. Zugute hielten die Richter dem Mann dabei, dass er sein normales tägliches Arbeitspensum jeweils erledigt hatte.
Landesarbeitsgericht lässt die Revision nicht zu
In der Mitteilung der LAG-Pressestelle heißt es abschließend: „Soweit sich der Kläger [in der Person des Außendienstlers, Anm. d. Red.] laut der Aufzeichnung im elektronischen Fahrtenbuch einmal zwei Stunden zu Hause aufgehalten haben soll, hatte die Beklagte dem Betriebsrat dies nicht mitgeteilt, so dass die Kündigung darauf nicht gestützt werden konnte.“ Eine Revision hat das Landesarbeitsgericht nicht zugelassen.Bildnachweise: © imago images / Westend61