Keine Anordnung einer Präsenzpflicht ohne Mitbestimmung des Betriebsrats

Eine Arbeitgeberin hatte einseitig und in abweichender Regelung zur bestehenden Betriebsvereinbarung Präsenztage am regelmäßigen Arbeitsplatz angeordnet. Das kann sie laut einer bereits rechtskräftigen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts München (LAG) nicht. Zunächst hätte das Mitbestimmungsverfahren entweder durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung, durch Einigungsstellenanspruch oder durch eine rechtskräftige Entscheidung im Hauptsacheverfahren geklärt ist.
vom 13. Oktober 2023
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Bereits im Juli 2016 – also lange vor Beginn der Corona-Pandemie – kam es zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung über flexible Arbeitszeit. Diese sah vor, dass auf freiwilliger Basis und in Abstimmung mit dem jeweils Vorgesetzten die Tätigkeit außerhalb der Betriebsräume möglich ist. Der deutlich überwiegende Teil der Arbeitszeit war allerdings am regelmäßigen Arbeitsplatz abzuleisten. Während der Corona-Pandemie gestattete die Unternehmensführung den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zunächst mobiles Arbeiten neben der Tätigkeit vor Ort, ebenfalls wieder nach entsprechender Vereinbarung mit den leitenden Angestellten. Als sich die Situation dann verschärfte, kam es zur Empfehlung der Arbeitgeberin, zu Hause zu arbeiten. Nach dem Ende der Pandemie teilte sie das Ende der bisherigen Regelung zum Stichtag 31. März mit. Die Kontaktaufnahme mit dem Betriebsrat zum „Ende der Freiwilligkeit“ und zum „Return to Office“ blieb ohne Resultat. Die Arbeitgeberin „konkretisierte“ im Anschluss einseitig die Betriebsvereinbarung uns ordnete Präsenztage auf Basis eines Präsenzkatalogs sowie Präsenzpflicht bei Vorliegen bestimmter betrieblicher Gründe.

Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit

Gegen die einseitige Anordnung wehrte sich der Betriebsrat, in der Vorinstanz noch vergeblich. Er vertrat die Ansicht, dass bei der Änderung der während der Corona-Pandemie geschaffenen Regeln, die zudem einen Anspruch auf mobiles Arbeiten gewährten, ein Mitbestimmungsrecht bestehe. Das sieht das LAG auch so. Durch eine Unterlassungsverfügung hat es das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Eilverfahren gesichert. Diesem stehe gemäß § 87 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) „ein Anspruch auf Unterlassung der Anordnung zu Präsenzpflichten zu, die ohne seine Mitbestimmung getroffen wurden und die von der bestehenden Betriebsvereinbarung nicht gedeckt war“. Aus dem allgemeinen Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit in § 2 Abs. 1 BetrVG leitet sich laut LAG die Nebenpflicht ab, „alles zu unterlassen was der Wahrnehmung der erzwingbaren Mitbestimmung im Sinne des § 87 BetrVG entgegensteht. Maßnahmen in diesem Bereich solle der Arbeitgeber nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers nur mit Zustimmung des Betriebsrats durchführen können. Verstoße er dagegen, entstehe eine „betriebsverfassungswidrige Lage“. Daher kann der Betriebsrat die Beseitigung dieser Lage verlangen.       

        

Copyright Bild: Unsplash / Toa Heftiba

Beitrag von Alexander Pradka

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