Kein Mitspracherecht des Betriebsrats bei Entgeltanpassung seines Vorsitzenden

Will ein Arbeitgeber einem von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellten Betriebsratsmitglied das Arbeitsentgelt erhöhen, bedarf es keiner Mitbestimmung seitens des Betriebsrats. Das hat das Bundesarbeitsgericht jetzt entschieden.
vom 27. November 2024
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Eine Arbeitgeberin unterhält in Leipzig zwei Autohäuser, für die ein Betriebsrat existiert. Dessen Vorsitzender ist von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt. 2021 absolvierte er mit Erfolg das Assessment Center „Führungskräftepotenzial“. Die Arbeitgeberin vergütete ihn daraufhin entsprechend einer höheren Entgeltgruppe des einschlägigen Tarifvertrags. Nach Ansicht des Betriebsrats war das ein Anwendungsfall des § 99 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG), der bei personellen Einzelmaßnahmen wie Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung ein Mitbestimmungsrecht des Gremiums vorsieht. Das umfasst neben der Informationspflicht seitens des Arbeitgebers auch die Einholung der Zustimmung des Betriebsrates bei entsprechenden Maßnahmen. Im Rahmen des Beschlussverfahrens gemäß § 101 BetrVG machte er die Beteiligung gerichtlich geltend. Die Vorinstanzen verpflichteten demnach die Arbeitgeberin, das Zustimmungsverfahren einzuleiten.    

 

Keine Umgruppierung im Sinne des Gesetzes

Die gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts gerichtete Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hatte vor dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Dem Betriebsrat steht bei der Erhöhung des Arbeitsentgelts eines freigestellten Betriebsratsmitglieds auf der Grundlage von § 37 Abs. 4 oder § 78 Satz 2 BetrVG kein Mitbeurteilungsrecht nach § 99 BetrVG zu. Das Bundesarbeitsgericht bezieht sich auf den Wortlaut des Gesetzes und führt aus, dass eine Beteiligung bei Ein- und Umgruppierungen vorgesehen ist. Diese sei in der Zuordnung der zu verrichtenden Tätigkeit zu einer bestimmten Gruppe der maßgebenden Vergütungsordnung zu sehen. Im Falle der Erhöhung des Arbeitsentgelts eines freigestellten Betriebsratsmitglieds erfolge aber keine solche Einordnung, sondern eine Anpassung der Vergütung nach Maßgabe der in diesen Normen geregelten gesetzlichen Vorgaben. Die Vergütung eines freigestellten Betriebsratsmitglieds sei also entweder entsprechend der betriebsüblichen Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer oder zur Vermeidung einer Benachteiligung anzupassen: Schließlich könne das Betriebsratsmitglied nur infolge der Amtsübernahme nicht in eine höher vergütete Position aufsteigen.

 

 

Copyright Bild: Unsplash / Peter van Eijk

Beitrag von Alexander Pradka

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