Mit dem Urteilsspruch endet ein rund zehnjähriges Verfahren, das mit dem Bundesligaspiel der beiden Erzrivalen im Norden der Republik, Werder Bremen und der Hamburger SV, im April 2015 begonnen hatte. Die Rivalität zwischen den Teams ist hoch, so dass die Polizei Bremen das Match als Hochrisikospiel einstufte, bei dem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zu rechnen sei. Nur der Einsatz von starken Polizeikräften könne diesem Risiko in adäquater Weise begegnen. Das teilte die Polizei Bremen auch der Deutschen Fußball Liga (DFL) mit, die als Veranstalterin der Spiele in der ersten und zweiten Liga verantwortlich zeichnet. Die Polizei Bremen erließ gegenüber der DFL einen Bescheid über die Erhebung von Gebühren in Höhe eines mittleren sechsstelligen Eurobetrags – es ist von knapp 400.000 Euro die Rede – für den erforderlichen Einsatz zusätzlicher Polizeikräfte. Der Spieltag in Bremen verlief laut Angaben der Polizei insgesamt reibungslos. Gestützt war die Gebührenerhebung auf § 4 Absatz 4 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes (BremGebBeitrG): Für den polizeilichen Mehraufwand bei gewinnorientierten, erfahrungsgemäß gewaltgeneigten Großveranstaltungen mit mehr als 5.000 Personen müssen Veranstalterinnen und Veranstalter eine Gebühr zahlen. Deren Höhe ergibt sich aus dem Mehraufwand, der aufgrund der Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte entsteht.
Kein unrechtmäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit
Was folgte, war zunächst ein rechtliches Hin und Her: Der Widerspruch der DFL gegen den Gebührenbescheid war erfolglos, das Verwaltungsgericht Bremen hob diesen auf entsprechende Klage hin auf. Die Berufung der Freien Hansestadt hatte Erfolg, das Oberverwaltungsgericht stellte die Verfassungskonformität der Bremer Gebührenregelung fest. In der gegen dieses Urteil gerichteten Revision hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Oberverwaltungsgerichts zwar aufgehoben, in der Sache aber weitgehend die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts bestätigt. Nach der Zurückverweisung hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts erneut aufgehoben und die Klage der DFL abgewiesen. Mit der Verfassungsbeschwerde richtete sich die DFL gegen die Entscheidungen des OVG und des Bundesverwaltungsgerichts. Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Dabei konstatiert das Gericht, dass die Bremer Regelung in die durch Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes geschützte Berufsfreiheit der Veranstalterinnen und Veranstalter eingreift, dieser Eingriff aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.
Der Nutznießer soll Mehrausgaben tragen
Das Bundesverfassungsgericht beruft sich auf das Veranlasserprinzip: Indem die DFL Veranstaltungen durchführt, bei dem erfahrungsgemäß Gewalthandlungen in erheblichem Maße zu erwarten sind, veranlasst sie eine deutlich gesteigerte staatliche Sicherheitsvorsorge und nimmt begrenzte öffentliche Ressourcen in deutlich übermäßigem Umfang in Anspruch. Ohne es beantragt oder ausdrücklich gewünscht zu haben, ist die DFL Nutznießerin der Bereitstellung der Polizeikräfte, die Risikominimierung kommt ihr zugute, ohne sie könnte das Bundesligaspiel nicht oder zumindest nicht in der gewählten Form stattfinden. Es sei ein legitimes Ziel der Bremer Regelung, die aufgrund der Durchführung von Hochrisikospielen entstandenen Mehrkosten auf die Veranstalterin abzuwälzen. Diese soll nicht durch die Gesamtheit der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler übernommen werden, sondern von denjenigen, die profitieren. Eine explizite polizeiliche Verantwortlichkeit der DFL ist dabei nicht erforderlich. Die Sicherheitsvorsorge bleibt zurechenbar, auch wenn erst das rechtswidrige Verhalten Dritter, hier sogenannter „Fans“ eine besondere Prävention beziehungsweise Gefahrenabwehr notwendig macht. § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG genügt laut Bundesverfassungsgericht dem Bestimmtheitsgebot. Die DFL hatte darauf verwiesen, dass sie die Gebührenhöhe nicht im Voraus genau berechnen könne. Laut Gericht verlangt das Bestimmtheitsgebot nicht, dass sich aus den Regelungen zur Bemessung der Gebühr vorab deren exakte Höhe ermitteln lässt. Im Übrigen sah das Bundesverfassungsgericht keinen Verstoß gegen Artikel 3 Absatz 1 GG. Die Norm differenziere zwischen verschiedenen Gruppen und Sachverhalten und diese Differenzierungen dienten gerade dazu, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck zu realisieren. Der Aufwand solle dahin verlagert werden, wo die Gewinne hinfließen und wo sie typischerweise vorhanden sind.
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