FüPoG II – ab heute Frauen an die Macht?

Der Weg zur Geschlechtergerechtigkeit ist in Deutschland noch lang. Gerade im internationalen Vergleich hinkt die Bundesrepublik noch hinterher. Das heute in Kraft tretende FüPoG II ist immerhin ein weiterer Schritt.
vom 12. August 2021
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FüPoG II – ab heute Frauen an die Macht?Heute tritt es in Kraft, das zweite Führungspositionengesetz (FüPoG II). Ziel ist mehr Geschlechtergerechtigkeit in den Vorstands- und Aufsichtsgremien großer deutscher Unternehmen. Für die Privatwirtschaft heißt das: Mindestbeteiligungsgebot für große Vorstände und verpflichtende Regelungen zu Zielgrößen und Berichtspflichten. In Deutschland ist es bis zur Geschlechterparität noch ein langer Weg.
Das Gesetz stellt eine Erweiterung des FüPoG I dar. Dort wurden börsennotierte Unternehmen oder solche, die paritätisch mitbestimmt dazu verpflichtet, eine Zielgröße bei der Besetzung von Vorstandspositionen durch Frauen zu definieren. Freiwilligkeit führt indes nicht zu den gewünschten Effekten – fast 80 Prozent der Unternehmen geben bislang für ihre Vorstände die Zielgröße null oder gar keine an. Das war nicht im Sinne des Gesetzgebers. Deshalb hat er jetzt noch einmal nachgelegt.
 

Übergangsfrist

Ist ein Unternehmen börsennotiert oder paritätisch mitbestimmt, und besteht der Vorstand aus mindestens drei Mitgliedern, so muss dieser künftig mit mindestens einer Frau und einem Mann besetzt sein. Für Panik besteht indes kein Anlass, es muss jetzt nicht sofort der Vorstand umbesetzt werden – das Mindestbeteiligungsgebot für den Vorstand gilt erst bei Bestellungen, die ab dem 1. August des kommenden Jahres erfolgen. Bis dahin kann also in der bisherigen Besetzung weitergearbeitet werden. Die Zielgröße Null ist immer noch möglich, mit dem wesentlichen Unterschied, dass das Unternehmen die Entscheidung ausführlich begründen muss. Im Handelsbilanzrecht werden jeweils entsprechende Berichtspflichten eingeführt. Nicht gesetzlich regulieren lässt sich eine Pflichtbesetzung für den Vorsitz des Vorstands. Das kann das Unternehmen weiter halten, wie es möchte.
 

Gute Stimmung im Ministerium

„Mindestens drei“ – das heißt auch, dass sich bei größeren Vorständen an der Quote nichts ändert, auch dann muss eben nur mindestens eine Frau im Vorstand dabei sein. Das verhält sich anders als im Aufsichtsrat, wo die Quote bei steigender Zahl der Mitglieder mitwächst. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Bundesregierung am Tag des Inkrafttretens des Gesetzes ihre Begeisterung zum Ausdruck bringt. Die Bundesjustiz- und Bundesfrauenministerin Christine Lambrecht sagt: „Das neue Führungspositionengesetz ist ein Meilenstein für die Frauen in Deutschland. Mit dem Gesetz sorgen wir dafür, dass mehr hochqualifizierte Frauen ins Top-Management aufsteigen können.“ Mehr Frauen in den Vorstandsetagen bereicherten die Wirtschaft und hätten eine wichtige Vorbildfunktion.
 

Magere Quote

Zahlen belegen, dass der Handlungsbedarf für den Gesetzgeber nach wie vor groß war, auf Vorstandsebene sind Frauen stark unterrepräsentiert. In den Vorständen aller vom FüPoG I erfassten Unternehmen ohne feste Quote für den Aufsichtsrat lag der Frauenanteil bei 8,6 Prozent. In den 106 „Quotenunternehmen“ hat er sich nach Inkrafttreten des FüPoG I im Jahr 2015 verdreifacht – und landet dennoch bei mageren 14,1 Prozent. Ein genauer Blick verrät, dass von den neuen Regelungen des FüPoG II gar nicht viele Unternehmen wirklich betroffen sind.
 

Viele gar nicht betroffen

Das Thema greift Henning Zander im Beitrag „Mehr Frauen an die Spitze“ in der Ausgabe 4/2021 des unternehmensjurist auf. In der Bundesrepublik stehen mit der Neuregelung tatsächlich gerade einmal 70 Unternehmen in der Pflicht. Von denen haben aktuell knapp 30 keine Frau im Vorstand. Außerdem hinkt Deutschland im internationalen Vergleich hinterher: Laut Gender Diversity Studie 2020 der Boston Consulting Group könnten Länder wie beispielsweise Großbritannien schon Mitte der 2030er Jahre die Besetzung von Vorständen je zur Hälfte mit Frauen und Männern – und damit Geschlechterparität – erreichen. Bei Fortsetzung der bisherigen Entwicklung braucht Deutschland dafür ungefähr 20 Jahre länger.
 

Bußgelder drohen

Auf die leichte Schulter zu nehmen sind die neuen Vorschriften für diejenigen, die es angeht, allerdings nicht: Beachten sie diese nicht, drohen empfindliche Bußgelder. Der Sanktionsmechanismus greift schon bei der Verletzung von Berichtspflichten im Zusammenhang mit der Festlegung von Zielgrößen, also wenn die Begründung ganz fehlt oder offensichtlich untauglich ist. Bildnachweise: © Unspleash / Amy Hirschi

Beitrag von Alexander Pradka

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