Förmliches Verfahren gegen X eingeleitet

Die Europäische Kommission hat kurz vor Weihnachten ein förmliches Verfahren gegen die ehemals als Twitter bekannte Online-Plattform X eingeleitet. Hintergrund sind mögliche Verstöße des von Elon Musk geleiteten Unternehmens gegen das Gesetz über digitale Dienste.
vom 4. Januar 2024
image

Wie die Europäische Kommission mitteilte, handelt es sich um das erste förmliche Verfahren, das sie zur Durchsetzung des EU-weiten horizontalen Rahmens für die Verantwortlichkeit von Online-Plattformen eingeleitet hat. Wie lange das Verfahren dauern wird, ist unklar. Eine gesetzliche Frist für den Abschluss eines solchen Verfahrens sieht das Gesetz über digitale Dienste nicht vor. Sie hängt unter anderem von der Komplexität des Verfahrens und der Bereitschaft des betroffenen Unternehmens zur Zusammenarbeit ab. Möglich ist ferner die Ausübung von Verteidigungsrechten. Ihre Entscheidung hat die Kommission nach der Prüfung des von X im September des vergangenen Jahres vorgelegten Risikobewertungsberichts, des Transparenzberichts vom November und der Antworten von X auf ein förmliches Auskunftsverlangen getroffen. Letztere betrafen unter anderem die Verbreitung illegaler Inhalte im Zusammenhang des Terroranschlages des Hamas gegen Israel.    

Gesetz über digitale Dienste

Das Gesetz über digitale Dienste sieht in den Artikeln 34 Absatz 1 und 2 sowie 35 Absatz 1 vor, dass sehr große Online-Plattformen sämtliche systemische Risiken, die sich aus der Konzeption oder dem Betrieb ihrer Dienste und ihren damit verbundenen Systemen oder aus der Nutzung dieser in der Europäischen Union ergeben, ermitteln, analysieren und bewerten. Außerdem müssen sie angemessene, verhältnismäßige und wirksame Risikominderungsmaßnahmen ergreifen. Artikel 16 Absatz 5 und 6 verpflichtet die Plattformen, Betroffene über ihre Entscheidungen im Hinblick auf die Moderation von Inhalten und über mögliche Rechtsbehelfe zu informieren. Nutzer der Dienste dürfen gemäß Artikel 25 Absatz 1 nicht getäuscht oder manipuliert werden und Forscher müssen Zugang zu Plattformdaten bekommen.

Zahlreiche Verstöße möglich

Im förmlichen Verfahren wird es darum gehen, ob X geeignete Risikobewertungs- und -minderungsmaßnahmen ergriffen hat, um die Verbreitung illegaler Inhalte innerhalb der Europäischen Union zu verhindern. Außerdem prüft die Kommission, ob es geeignete Melde- und Abhilfeverfahren hinsichtlich illegaler Inhalte gibt. Auch die Bekämpfung der Manipulation von Informationen auf der Plattform ist Gegenstand der Prüfung, ebenso wie die Ergreifung von Maßnahmen zur Steigerung der Transparenz der Plattform. Letzteres betrifft vor allem mutmaßliche Mängel bei der Gewährung des Zugriffs von Forschern zu den öffentlich zugänglichen Diensten von X. Nicht zuletzt steht die Gestaltung der Benutzeroberfläche auf dem Prüfstand. Insbesondere in Bezug auf die Häkchensetzung bei bestimmten Abonnementprodukten könnte eine Irreführung vorliegen.  

 

Copyright Bild: Unsplash / Rubaitul Azad

Beitrag von Alexander Pradka

Dies könnte Sie auch interessieren

Photocall UNFP Trophy - Paris Lassana Diarra during the 31th edition of the UNFP (French National Professional Football
Der Fall Diarra: FIFA-Regeln verstoßen gegen Unionsrecht
Das Transfersystem des Weltfußballs ist nach dem Bosman-Urteil vor knapp 30 Jahren einmal mehr in seinen Grundfesten erschüttert: Der Europäische Gerichtshof...
241001_News_RA_Googlebewertung_US_firmbee-com-31OdWLEQ-78-unsplash
Google-Bewertung, ohne Kunde zu sein: Nur mit entsprechendem Hinweis
Das Oberlandesgericht Oldenburg war mit der Frage beschäftigt, ob ein Unterlassungsanspruch eines Unternehmens besteht, wenn jemand, der nicht Kunde ist,...
Augsburg, Bavaria, Germany - 2 April 2023: An Aldi Süd brochure with the offers of the week *** Ein Aldi Süd Prospekt mi
EU
Ende der Willkür bei angeblichen Preissenkungen
Der Europäische Gerichtshof hat mit einem Urteil Tricksereien mit angeblichen Preissenkungen von Händlern einen Riegel vorgeschoben. Bemessungsgrundlage...