Ex-Wirecard-Chef Markus Braun klagt erfolgreich

Mit einer Directors and Officers Liability Insurance – kurz D&O – versichern Unternehmen ihre leitenden Angestellten eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung ab, damit aus einem beruflichen kein persönliches Risiko erwächst. In einem spannenden Fall ging es vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt am Main um die Frage, was diese alles umfasst. Auch die Kosten für die Beauftragung einer Presseagentur?
vom 9. November 2021
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Ex-Wirecard-Chef Markus Braun klagt erfolgreichMit einer Directors and Officers Liability Insurance – kurz D&O – versichern Unternehmen ihre leitenden Angestellten eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung ab, damit aus einem beruflichen kein persönliches Risiko erwächst. In einem spannenden Fall ging es vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt am Main um die Frage, was diese alles umfasst. Auch die Kosten für die Beauftragung einer Presseagentur?
Markus Braun – spätestens ab 2002, als er den Vorstandsvorsitz der Wirecard AG übernahm – eine Berühmtheit. Zunächst im positiven Sinne, er galt als Aufsteiger, Visionär, war in Politik und Wirtschaft gleichermaßen beliebt. Seit Juni 2020 sitzt er in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft München ermittelt gegen ihn wegen des Verdachts des bandenmäßigen Betrugs, der Bilanzfälschung, Marktmanipulation und Verstößen gegen das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Es gilt die Unschuldsvermutung. Dennoch: Sein heller Stern ist gesunken, sein Ruf arg ramponiert.
 

Vorinstanz sagt: PR-Agentur nein

Um sich gegen die Medienäußerungen im Zusammenhang mit seiner Rolle im Wirecard-Skandal und dem ihm vorgeworfenen Handeln zu wehren, beauftragte er zum einen auf das Presserecht spezialisierte Rechtsanwälte und eine Presseagentur. Das kostet natürlich eine Menge Geld. Das möchte er zurückhaben – von der zu seinen Gunsten abgeschlossenen D&O-Versicherung. Das Landgericht in Frankfurt hatte entschieden, Rechtsanwälte ja, Presseagentur nein. Dagegen legte Braun Berufung ein.
 

„Existenzielle Beschädigung des Ansehens“

Das Oberlandesgericht vertritt eine andere Meinung als die Vorinstanz: Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Wirecard AG hat demnach auch Anspruch auf Ersatz der Kosten, die er für die Beauftragung der Presseagentur aufgewendet hat. Im Urteil heißt es, dass „gemäß den Versicherungsbedingungen die PR-Kosten gedeckt seien, wenn einer versicherten Person durch kritische Medienberichterstattung über einen versicherten Haftpflicht-Versicherungsfall ein karrierebeeinträchtigender Reputationsschaden drohe.“ Und das ist laut OLG hier der Fall. Gerade die existenzielle Beschädigung des Ansehens im Zusammenhang mit strafrechtlichen Vorwürfen sollten versichert sein.
 

Entscheidung ist nicht anfechtbar

Die von Markus Braun eingeschalteten Rechtsanwälte hatten eidesstattlich versichert, dass „aufgrund der anhaltenden rufschädigenden Berichterstattung eine zeitnahe Reaktion ohne Einschaltung einer spezialisierten PR-Agentur nicht möglich gewesen wäre. Nicht berufen kann sich die beklagte Versicherung nach Ansicht des OLG Frankfurt auf Arglist seitens Braun. Bis zur Feststellung von Schuld und Strafbarkeit – etwa durch ein Geständnis oder eine rechtskräftige Verurteilung, aus der sich dann eine vorsätzliche oder wissentliche Pflichtverletzung ergeben würde – bestehe der Anspruch auf vorläufigen Versicherungsschutz. Die Entscheidung des OLG ist nicht anfechtbar.
(Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 5. November 2021, Az 7 U 96/21) Bildnachweise: © IMAGO / Sven Simon

Beitrag von Alexander Pradka

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