EuGH stellt Notwendigkeit der Bestpreisklausel von Booking.com infrage

In seinem Urteil zur Frage der Zulässigkeit von Bestpreisklauseln sieht der Europäische Gerichtshof weder enge noch weite Bestpreisklauseln als objektiv notwendig an, um das wirtschaftliche Überleben von Booking.com zu sichern und die Gefahr eines Trittbrettfahrens zu verringern.
vom 20. September 2024
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Die Frage beschäftigt bereits seit geraumer Zeit Behörden und Gerichte. Das Bundeskartellamt und ihm nachfolgend der Bundesgerichtshof erklärten die Bestpreisklausel von Booking.com unter Hinweis auf Verstöße gegen das europäische Kartellrecht für unwirksam. In Deutschland verzichtet die Hotel- und Ferienwohnungsplattform bereits auf die Verwendung. Ursprünglich hatte Booking.com über seine Allgemeine Geschäftsbedingungen teilnehmenden Hotels untersagt, den auf seiner Plattform angebotenen besten Zimmerpreis über eigene Vertriebskanäle und auch über andere Anbieter wie beispielsweise HRS oder Expedia zu unterbieten. Dabei handelt es sich um die sogenannte weite Bestpreisklausel. Seit 2015 dürfen Partner nach einer eingeschränkten Fassung dieser Klausel nur über die eigenen Vertriebskanäle, also etwa die Hotelhomepage selbst, keine niedrigeren Übernachtungspreise anbieten. Zumindest in Deutschland ist die Nutzung der Klauseln nicht mehr das Kernproblem. Im Raum stehen allerdings denkbare Schadensersatzansprüche wegen potenzieller Wettbewerbsverstöße von Booking.com. Zahlreiche Hotels wollen die Internetplattform in Anspruch nehmen. Das könnte für Booking.com teuer werden.     

 

Verstoß gegen europäisches Wettbewerbsrecht

Während die deutschen Gerichte den EuGH nicht eingeschaltet haben, wählte das Bezirksgericht in Amsterdam diesen Weg. Dort wollte Booking.com – übrigens eine Gesellschaft niederländischen Rechts – festgestellt haben, dass die von ihr verwendeten Bestpreisklauseln Gültigkeit haben. Das Bezirksgericht wollte nun vom EuGH wissen, ob diese gegen das europäische Wettbewerbsrecht verstoßen. Nach dessen ständiger Rechtsprechung fallen Verhaltensweisen von Unternehmen nicht unter die Verbotsnorm des Art. 101 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), wenn sie neutral sind oder sich positiv auf den Wettbewerb auswirken. Der EuGH führt in seinem Urteil aus, dass die Erbringung von Online-Hotelbuchungsdienstleistungen durch Plattformen wie Booking.com eine solch neutrale oder sogar positive Auswirkung auf den Wettbewerb haben. Die Dienste ermöglichten zum einen Verbrauchern den Zugang zu einer Vielzahl von Unterkunftsangeboten sowie deren schnellen und einfachen Vergleich. Zum anderen ermöglichten sie es den Beherbergungsbetrieben, eine große Sichtbarkeit zu erlangen. Generell sind also die Existenz und das Vorgehen von Plattformen wie Booking.com nicht zu beanstanden. Aber: Laut EuGH steht eben nicht fest, dass weite oder enge Bestpreisklauseln zum einen für die Verwirklichung dieser Hauptmaßnahme objektiv notwendig sind und zum anderen in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihr verfolgten Ziel stehen.

 

Booking.com ist Gatekeeper im Sinne des DMA

Weite Bestpreisklauseln sind laut EuGH geeignet, den Wettbewerb zwischen den verschiedenen Hotelbuchungsplattformen zu verringern. Sie können zudem die Gefahr in sich bergen, dass kleine und neu eintretende Plattformen verdrängt werden. Enge Bestpreisklauseln hätten zwar auf den ersten Blick eine weniger wettbewerbsbeschränkende Wirkung und verfolgten das Ziel, Trittbrettfahrern einen Riegel vorzuschieben. Es sei aber eben nicht ersichtlich, dass sie auch objektiv notwendig sind, um die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Hotelreservierungsplattform zu gewährleisten. Zweifel daran bestehen, da Booking.com in den Ländern, in denen es die Bestpreisklausel nicht verwendet, weiterhin gute Geschäfte macht. Eine Rolle spielt auch, dass die EU-Kommission Booking.com als sogenannten Gatekeeper eingestuft hat. Diese dürfen laut Digital Markets Act (DMA) gewerblichen Nutzern ihrer Plattform nicht verbieten, dass sie Produkte und Dienstleistungen über andere, auch eigene, Vertriebskanäle vertreiben, und dies eben auch zu anderen Konditionen.  

 

 

Copyright Bild: IMAGO / Zoonar

Beitrag von Alexander Pradka

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