EuGH: Fremdbesitzverbot an Rechtsanwaltsgesellschaften ist zulässig

Ein Mitgliedstaat der Europäischen Union darf die Beteiligung reiner Finanzinvestoren am Kapital einer Rechtsanwaltsgesellschaft verbieten. Ein solches Verbot steht dem Unionsrecht nicht entgegen, wie der Europäische Gerichtshof jetzt entschieden hat.
vom 20. Dezember 2024
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Der EuGH räumt zwar ein, dass es sich dabei um eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Kapitalverkehrs handelt. Diese sei aber durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind unabhängige Organe der Rechtspflege. Eine Regelung, die reine Finanzinvestoren von der Beteiligung als Gesellschafter an einer Rechtsanwaltsgesellschaft ausschließt, sei legitim. Anderenfalls würde die Gefahr bestehen, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nicht in der Lage wären, tatsächlich unabhängig und unter Beachtung ihrer Berufs- und Standespflichten ihren Beruf auszuüben. Diese Beschränkung geht auch nicht über das Ziel hinaus, was zur Erreichung des Allgemeininteresses erforderlich ist. Der Deutsche Anwaltverein begrüßt die Entscheidung: „Die Unabhän­gigkeit ist ein entschei­dender Kernwert der Anwalt­schaft. Und diese ist – nun auch mit ausdrück­lichem ‚Segen‘ des EuGH hinsichtlich des Beteili­gungs­verbots reiner Finanz­in­vestoren – nicht verhan­delbar“, sagte Rechts­an­wältin Dr. h.c. Edith Kindermann, Präsidentin des DAV, ein einer Stellungnahme zum EuGH-Urteil. Auch bei der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) ist die Erleichterung groß. „Das Fremdbesitzverbot ist gerechtfertigt, um die anwaltliche Unabhängigkeit zu gewährleisten“, so André Haug, Vizepräsident der BRAK. „Und so sieht es ja auch die überwältigende Mehrheit der Anwältinnen und Anwälte in Deutschland, wie die Umfrage des Bundesministeriums der Justiz eindrücklich gezeigt hat.“ Präsident Dr. Ulrich Wessels meint: „Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte müssen ihren Beruf frei ausüben können. Das dient im besonderen Maße auch dem Schutz der Mandantinnen und Mandanten, die sich auf die Unabhängigkeit der sie beratenden Anwältinnen und Anwälte verlassen können müssen.“

 

Verbotsnorm in der BRAO

Anlass für die Entscheidung des EuGH bot ein Fall aus München. Dort hat die Halmer Rechtsanwaltsgesellschaft, eine Unternehmergesellschaft, ihren Sitz. Eine österreichische Gesellschaft mit beschränkter Haftung hatte 51 Prozent der Geschäftsanteile zu rein finanziellen Zwecken an ihr erworben. Eine Satzungsänderung sollte dafür sorgen, dass der neue Gesellschafter keinen Einfluss auf die anwaltliche Tätigkeit hat. Zum Zeitpunkt des Erwerbs, 2021, galt noch die alte Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), § 59e BRAO a.F. verbot eine Fremdbeteiligung. Daran hat sich auch nach der BRAO-Reform 2022 nichts geändert. Die Rechtsanwaltskammer München entzog daraufhin die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Gegen den Bescheid klagte Halmer vor dem Bayerischen Anwaltsgerichtshof, der den EuGH zur Vereinbarkeit der Verbotsnorm mit dem Unionsrecht befragte.     

 

Copyright Bild: Gerichtshof der Europäischen Union

Beitrag von Alexander Pradka

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