Im Bereich des öffentlichen Auftragswesens gilt die Richtlinie 2014/25 EU des Europäischen Parlamentes und Rates über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste. Wirtschaftsteilnehmer haben den Anspruch, gleichberechtigt mit Bietern aus den Mietgliedstaaten an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags innerhalb der EU teilzunehmen. Für Unternehmen aus Drittländern besteht ein Anspruch auf Gleichbehandlung, wenn zwischen dem Land selbst und der EU eine entsprechende Übereinkunft getroffen worden ist. Ein Beispiel dafür ist das Übereinkommen der Welthandelsorganisation über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA, Government Procurement Agreement), die den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern zu öffentlichen Aufträgen in wechselseitiger und gleicher Weise gewährleisten. Unternehmen aus Drittländern, die keine solche Übereinkunft mit der EU haben, können hingegen nicht an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags in der Union teilnehmen und dabei Gleichbehandlung mit Bietern aus den Mitgliedstaaten oder Drittländern mit Übereinkunft verlangen. Der Europäische Gerichtshof ergänzt, dass sie sich auch nicht auf die Bestimmungen der Richtlinie berufen können, um die Entscheidung über die Vergabe des betreffenden Auftrags anzufechten.
Eisenbahnbau in Kroatien
Wie der EuGH weiter ausführt, können nationale Behörden von den Auftraggebern nicht verlangen, dass sie auf Unternehmen aus Nicht-EU-Staaten ohne eine Übereinkunft die nationalen Bestimmungen, mit denen die in der Vergaberichtlinie enthaltenen Vorschriften umgesetzt werden, anwenden. Anlass für die Entscheidung des EuGH war ein Fall, in dem ein kroatischer Auftraggeber ein Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrages für den Bau einer Eisenbahninfrastruktur zwischen zwei Städten in Kroatien. Ein Unternehmen mit Sitz in der Türkei focht die Rechtmäßigkeit der zugunsten eines anderen Bieters ergangenen Zuschlagsentscheidung an. Das für den Fall zuständige Gericht bat den EuGH um Klarstellung der Umstände, unter denen die öffentlichen Auftraggeber nach Ablauf der Frist für die Einreichung von Angeboten die Bieter nach der einschlägigen Vergaberichtlinie auffordern können, Berichtigungen oder Klarstellungen ihres ursprünglichen Angebots vorzunehmen.
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