EU-Parlament beschließt Gesetze über digitale Dienste und Märkte

Jeweils mit deutlicher Mehrheit hat das Europäische Parlament das Gesetz über digitale Dienste (DSA) und über digitale Märkte (DMA) beschlossen. Ziel ist es, die Verbreitung illegaler Inhalte und von Desinformationen einzudämmen. Außerdem will die EU sogenannte Gatekeeper stärker in die Pflicht nehmen. Das soll für ein faireres Geschäftsumfeld sorgen.
vom 7. Juli 2022
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Auf Basis des DSA bekommen Online-Plattformen und Suchmaschinen mit entsprechend großer Reichweite innerhalb der Europäischen Union strengere Auflagen. Sie sind künftig gefordert, sogenannte Systemrisiken zu minimieren. Stoppen will die EU damit negative Auswirkungen auf Grundrechte, Wahlen und die psychische Gesundheit von Bürgern sowie geschlechtsspezifische Gewalt. Dienstleister unterliegen dann auch einer stärkeren Kontrolle: Das Gesetz begründet für sie eine Pflicht, sich von unabhängiger Seite prüfen zu lassen. Behörden und zugelassenen Forschern und Forscherinnen ist im Bedarfsfall Zugang zu Daten und Algorithmen zu gewähren. 


Transparenz und Nachvollziehbarkeit

Im Hinblick auf Produkte und Dienstleistungen soll mehr Transparenz und Rückverfolgbarkeit herrschen und Händler stärkeren Kontrollen unterliegen. Mehr Nachvollziehbarkeit soll es bei den Empfehlungssystemen geben. Bestimmte irreführende Praktiken und verschiedene Arten gezielter Werbung sind in Zukunft komplett verboten. Dazu gehört etwa die Werbung für Kinder oder die Werbung unter Nutzung sensibler Daten. Ebenso soll es sogenannte Dark Patterns, mit denen Konsumenten zu Handlungen, die ihnen selbst schaden, verleitet werden, nicht mehr geben. 


Verhinderung unlauterer Geschäftspraktiken

Das DMA richtet sich an Dienstleister mit Gatekeeper-Funktion. Es handelt sich hierbei um Plattformen, die über den Marktzugang entscheiden. Verbraucher und Verbraucherinnen können sie im Rahmen der Nutzung digitaler Dienste praktisch nicht umgehen. Letztlich will die EU mit den neuen Regelungen die Fortsetzung unlauterer Geschäftspraktiken verhindern. Kleinere Plattformen sollen von den marktbeherrschenden Dienstleistern verlangen können, dass sie Nutzern den Austausch von Nachrichten, Sprachnachrichten oder Dateien über Messaging-Applikationen ermöglichen. Das soll eine größere Auswahl sicherstellen. 


Stärkung der Rechte Dritter

Geschäftliche Nutzer müssen auf der Plattform des Gatekeepers Zugriff auf ihre Daten haben, eigene Angebote bewerben und Verträge mit Kunden außerhalb der Plattform abschließen können. Umgekehrt soll es diesen Gatekeepern künftig nicht mehr möglich sein, eigene Dienste oder Produkte in bevorzugter Form zu bewerben. Nutzer müssen außerdem in der Lage sein, auf Geräten vorinstallierte Software oder Apps problemlos deinstallieren zu können. Und: Die Nutzung personenbezogener Daten für gezielte Werbung ist nicht mehr ohne ausdrückliche Zustimmung der Verbraucherinnen und Verbraucher möglich. 


Zuständigkeit der EU-Kommission

Die neuen Gesetze ermächtigen die Europäische Kommission, Marktuntersuchungen durchzuführen und bei Verstößen durchzugreifen. Möglich sind Geldstrafen in Höhe von zehn Prozent des im vorhergehenden Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes. Im Falle der Wiederholung kann diese auf 20 Prozent anwachsen. Andreas Schwab von der Europäischen Volkspartei sagte: „Der DMA setzt die Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft online durch. Die Europäische Union beendet das Katz- und Maus-Spiel, in welchem die Wettbewerbsbehörden den Digitalriesen in langwierigen Verfahren hinterhergehinkt sind. Mit dem Gesetzespaket hat das Europäische Parlament eine neue Ära der Tech-Regulierung eingeleitet. Der Grundsatz lautet: Was in der analogen Welt verboten ist, kann auch in der digitalen Welt nicht erlaubt sein.“


Bildnachweise: © IMAGO / Shotshop

Beitrag von Alexander Pradka

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