Ein Gesetz hat Geburtstag – das AGG wird 15

Heute vor 15 Jahren trat es in Kraft, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Rund 1.950 Fälle mit entsprechendem Bezug sind seitdem vor Gericht verhandelt worden, so die Datenbank juris. Viele betreffen das Arbeitsleben.
vom 18. August 2021
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Ein Gesetz hat Geburtstag – das AGG wird 15Heute vor 15 Jahren trat es in Kraft, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Rund 1.950 Fälle mit entsprechendem Bezug sind seitdem vor Gericht verhandelt worden, so die Datenbank juris. Viele betreffen das Arbeitsleben.
Im Mittelpunkt steht sehr häufig eine behauptete Diskriminierung beim Zugang zu einem Job, ob diese nun zu Recht oder zu Unrecht aufgestellt ist. Für alle erkennbar geändert haben sich die Stellenausschreibungen, in denen so gut wie jeder Arbeitgeber – und jede Arbeitgeberin – strenge Neutralität walten lassen und einmal abgesehen von den fachlichen Voraussetzungen jeden Stellensuchenden ansprechen müssen. Kaum noch jemand tritt da in das berühmte Fettnäpfchen. Ob sich aber in den Einstellungsverfahren gegenüber der Zeit vor dem Inkrafttreten tatsächlich etwas geändert hat? Zumindest erfährt ein(e) abgelehnte(r) Bewerber*in nichts mehr über die Gründe für das „Nein“, was manche allerdings auch bedauern. Immerhin sind die Altersbegrenzungen im Arbeitsleben – offiziell – gefallen.
 

Sensibilisierung?

Zweifellos ist im Arbeitsleben zumindest auch eine Sensibilisierung auf bestimmte Themen wie sexuelle Identität und Selbstbestimmung, körperliche oder geistige Einschränkungen, ethnische Herkunft, religiöse Überzeugung und Weltanschauung eingetreten. In dieser Hinsicht entfaltet das AGG Schutzcharakter. Es mahnt zu einem umsichtigen, vorsichtigen und fairen Umgang miteinander. Viele haben umgedacht, Fälle werden publik. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes etwa fordert dennoch Reformen – insbesondere im Hinblick auf die Rechtsdurchsetzung. Deren kommissarischer Leiter Bernhard Franke sagt, dass die bereits von der aktuellen Koalition angekündigte, aber nicht umgesetzte Verlängerung der Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen bei der Diskriminierung von zwei auf sechs Monate „dringend nötig ist.“
 

Antidiskriminierungsstelle: 50.000 Anfragen in 15 Jahren

Er zeigt sich aber insgesamt zufrieden: „Mit dem AGG haben wir ein wichtiges Etappenziel auf dem Weg zu einer fairen und gleichberechtigten Gesellschaft erreicht.“ Immer mehr Menschen kennten ihre Rechte und wollten Diskriminierung nicht länger hinnehmen. Und: „Immer mehr Arbeitgeber schützen ihre Beschäftigten aktiv vor Diskriminierung.“ Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat laut eigenen Angaben seit ihrer Einrichtung – ebenfalls im Jahr 2006 – rund 50.000 Anfragen von Menschen beantwortet, die angaben, Diskriminierung erfahren zu haben.
 

Bemerkenswerte Entwicklung

Im Jahresbericht des Jahres 2020 der Antidiskriminierungsstelle des Bundes heißt es, dass die Zahl der Beratungswünsche gegenüber dem Vorjahr um 78 Prozent gestiegen ist. Danach wurden Diskriminierungserfahrungen „vornehmlich im Arbeitsleben“ – 23 Prozent – und beim Zugang zu beziehungsweise „bei der Inanspruchnahme von Gütern und Dienstleistungen“ – 40 Prozent – gemeldet. Im Vergleich zu 2019 habe sich das Verhältnis in etwa umgekehrt – da gaben 36 Prozent Diskriminierungserfahrungen im Arbeitsleben und 26 Prozent bei der Inanspruchnahme von Gütern und Dienstleistungen an. Beachtlich: in mehr als einem Drittel der Fälle, hat sich „Diskriminierung in einem Lebensbereich abgespielt, der nicht oder nur teilweise vom AGG geschützt ist – dazu gehören der größte Teil des Bildungsbereichs und das gesamte Feld staatlichen Handelns – sowie – und hier erleben wir zurzeit keine gute Entwicklung – im öffentlichen Raum und in den sozialen Medien.Bildnachweise: © Unspleash / Priscilla du Preez

Beitrag von Alexander Pradka

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