Effizientere Verfahren vor dem Gericht der EU

Seit dem 1. April gelten bei Verfahren vor dem Gericht der Europäischen Union geänderte Verfahrensvorschriften. Diese sollen dem wachsenden Bedarf nach schnelleren, transparenteren und effizienteren Verfahren dienen. Sie betreffen unter anderem die Möglichkeit, Videokonferenzen für mündliche Verhandlungen zu nutzen, fördern die „proaktive“ Behandlung von Rechtssachen und berücksichtigen die Entwicklungen bei den Vorschriften über den Schutz von personenbezogenen Daten.
vom 4. April 2023
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Das Gericht ist dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) nachgeordnet und bildet gemeinsam mit diesem den Gerichtshof der Europäischen Union. Neben anderen Angelegenheiten ist es zuständig für Klagen von natürlich und juristischen Personen auf Nichtigerklärung von Handlungen von Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Europäischen Union, die an sie gerichtet sind oder sie zumindest betreffen. Ein Beispiel ist die Klage eines Unternehmens gegen den Beschluss der Europäischen Kommission, mit dem diesem eine Geldbuße auferlegt wird. Auch Klagen im Bereich des geistigen Eigentums gegen das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum finden hier statt.       

Mündliche Verhandlungen per Videokonferenz

Künftig können Parteien mündliche Verhandlungen auf Antrag per Videokonferenz durchführen. Sie müssen diesen dabei allerdings auf Gesundheits-, Sicherheits- oder andere triftige Gründe stützen können. Bestehen zwischen mehreren Rechtssachen Gemeinsamkeiten, kann das Gericht in Zukunft gemeinsame mündliche Verhandlungen durchführen. Bereits im März des vorigen Jahres hatte das Gericht damit begonnen, Urteile und Beschlüsse elektronisch zu unterzeichnen. In den praktischen Durchführungsbestimmungen zur Verfahrensordnung des Gerichts sind nun die Modalitäten für den Einsatz der qualifizierten elektronischen Signatur der Entscheidungen und die Regeln für die dauerhafte und sichere Aufbewahrung der elektronischen Originalfassungen dieser Dokumente im Einzelnen festgelegt.

“Pilotrechtssache”

In der Verfahrensordnung verankert ist jetzt auch der Begriff der „Pilotrechtssache“. Bei gleicher Rechtsfrage in verschiedenen Verfahren kristallisiert sich nunmehr eine heraus, die vorrangig behandelt wird, die anderen werden so lange ausgesetzt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird nicht verletzt. Unterschieden wird künftig zwischen der Verarbeitung von personenbezogenen Daten natürlicher Personen und der Verarbeitung von Daten, die nicht personenbezogen sind. Schließlich hat das Gericht eine Reihe nützlicher Dokumente für die Vertreter der Parteien aktualisiert. Außerdem wurden neue Dokumente erstellt, um die Vertreter der Parteien bei der Vorbereitung ihrer Klagen zu unterstützen.

Copyright Bild: Imago Images, U.J. Alexander 

Beitrag von Alexander Pradka

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