Im Juni 2023 kam das Bundeskartellamt nach entsprechenden Prüfungen zu dem Ergebnis, dass die Bahn als marktbeherrschendes Schienenunternehmen mit dem Portal Bahn.de und der App DB Navigator ihre Marktmacht gegenüber anderen Mobilitätsplattformen missbraucht und damit gegen das Kartellrecht verstoßen hat. Ihre „Schlüsselstellung“ auf den Verkehrs- und Infrastrukturmärkten nutzte die Bahn, um den von dritten Mobilitätsplattformen ausgehenden Wettbewerb einzuschränken. Konkret ging es bei den Vorwürfen um die Weitergabe von Daten, Werbeverbote, vertikale Preisvorgaben, weitreichende Rabattverbote und das Vorenthalten verschiedener Provisionen. Die Bahn verweigerte anderen Mobilitätsplattformen sogenannte Prognosedaten, also den fortlaufenden und diskriminierungsfreien Zugang zu allen von der DB kontrollierten Verkehrsdaten in Echtzeit, die für die Organisation und Buchung von Reisen mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln unerlässlich sind. Darunter fallen etwa auch Verspätungsdaten oder Angaben zu Zugausfällen. Das Bundeskartellamt verpflichtete den Konzern deshalb zu verschiedenen Maßnahmen. Gegen den Beschluss hatte die Bahn Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt und zugleich einen Antrag auf Eilrechtsschutz gestellt. Diesen hatte das OLG im März dieses Jahres weitgehend abgelehnt, das Verfahren in der Hauptsache ist weiterhin anhängig.
Plattformen bekommen Verspätungsdaten
Dennoch haben die Mobilitätsplattformen jetzt Verspätungsdaten, Daten über Zugausfälle, aktuelle Gleisangaben und Informationen zu Großstörungsereignissen in Echtzeit erhalten. Damit wurde über die bereits erfolgten Änderungen der bestehenden Verträge hinaus ein weiterer wichtiger Teil der Missbrauchsentscheidung des Bundeskartellamts umgesetzt. In den Online-Portalen und Apps von Mobilitätsplattformen können Nutzerinnen und Nutzer aus einer Hand verschiedene Verkehrsmittel miteinander vergleichen und buchen, auch als sogenannte intermodale Reisekette, das heißt unter Nutzung verschiedener Verkehrsmittel bei einer Reise. Mit der Datenzugangsgewährung ist die Umsetzung der Verfügung gegen die DB laut Angaben des Bundeskartellamts abgeschlossen. Bereits zuvor hatte die DB andere vom Bundeskartellamt beanstandete Wettbewerbsbeschränkungen in den Verträgen mit Mobilitätsplattformen abgestellt. Auch Neuverträge enthalten keine Werbeverbote mehr. Die Mobilitätsplattformen dürfen gegenüber ihren Kundinnen und Kunden – bis auf berechtigte Ausnahmen – Rabatte auf Fahrkarten gewähren. Ebenso bezahlt die DB den Plattformen Provisionen für die Vermittlung von Fahrkarten und die Übernahme der Buchungs- und Zahlungsabwicklung.
Nutzen für die Fahrgäste
Das Vorgehen gegen die Deutsche Bahn habe echte Verbesserungen für innovative Mobilitätsdienste in Deutschland zur Folge, so Kartellamtschef Andreas Mundt. „Angesichts der häufigen Verspätungen und Ausfälle im Zugverkehr ist der Nutzen für Verbraucherinnen und Verbraucher durch solche Services besonders hoch. Die Geschäftsmodelle können ohne die Weitergabe von Echtzeitdaten durch die marktbeherrschende Deutsche Bahn nicht ordentlich funktionieren.“
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