Das war’s: Nie mehr Lernen und Arbeiten mit dem Palandt

Otto Palandt und Heinrich Schönfelder hatten eine nationalsozialistische Vergangenheit. Deshalb müssen sich Studierende und Berufspraktiker bei der Arbeit mit Kommentar und Gesetzessammlung an neue Namen gewöhnen.
vom 28. Juli 2021
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Das war’s: Nie mehr Lernen und Arbeiten mit dem Palandt

Kein Jurist in Deutschland kennt ihn nicht – den „Palandt“ – vielleicht das wichtigste Nachschlagewerk im Zivilrecht. Im Studium täglicher Begleiter und auch später im Berufsleben schnell zur Hand, wenn es um eine rechtliche Unklarheit ging, ist es ab der nächsten Ausgabe vorbei damit.
Der C.H. Beck Verlag, der den BGB-Kurzkommentar mit einer jährlich neuen Auflage herausgegeben hat, entschied sich nun aufgrund der nationalsozialistischen Vergangenheit des bisherigen Namensgebers Otto Palandt für eine Änderung des Titels. Palandt war Präsident des Reichsjustizprüfungsamts zur Zeit der NS-Diktatur. Erstmals war der Kommentar 1938 erschienen. Mit der im November erscheinenden 81. Auflage werden Studierende und Berufspraktiker jetzt zum „Grüneberg“ greifen, um sich einen ersten Eindruck von einem Fall zu verschaffen. Christian Grüneberg ist seit 2006 Richter am Bundesgerichtshof, seit geraumer Zeit ist er für die Kommentierung des allgemeinen Schuldrechts im Palandt zuständig.
 

„Habersack“ statt „Schönfelder“

Ebenfalls einen neuen Namen bekommt die Gesetzessammlung „Schönfelder“. Der bisherige Namensgeber und frühere Herausgeber der Deutschen Reichsgesetze Heinrich Schönfelder hat ebenfalls eine aktive Rolle in der NS-Zeit gespielt, war unter anderem Offizier der Luftwaffe und Mitglied in diversen Verbänden der NSDAP. Die berühmte Loseblattsammlung mit dem roten Einband, auch als „Ziegelstein“ bekannt, wird künftig „Habersack“ heißen. Namensgeber ist dann der Herausgeber und Vorsitzender der Ständigen Deputation des Deutschen Juristentages, Mathias Habersack.
 

Studie zu den Namensgebern

Last but not least wird auch der Grundgesetzkommentar „Maunz/Dürig“ künftig neu firmieren. Er heißt ab der kommenden Ausgabe „Dürig/Herzog/Scholz“. Die umfassenden Umbenennungen sind Ergebnis einer intensiven Auseinandersetzung mit der Vergangenheit der Namensgeber. So hatte das Bayerische Justizministerium unter der Führung von Minister Georg Eisenreich (CSU) das Münchner Institut für Zeitgeschichte mit der Erstellung einer entsprechenden Studie zu den NS-Juristen Otto Palandt und Heinrich Schönfelder beauftragt, die zwar fortgeschritten, aber noch nicht abgeschlossen sind. Die Untersuchung erstreckt sich nicht auf Theodor Maunz. Dessen aktive Rolle in der NS-Zeit war bereits zuvor wissenschaftlich aufgearbeitet. Der C. H. Beck Verlag hatte zunächst an den Titeln festgehalten, indes die Durchführung der Studie „sehr begrüßt.“ Konsultationen zwischen dem Verlag, Eisenreich und dem Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, Dr. Ludwig Spaenle, haben den Sinneswandel vollendet. Der bayerische Justizminister sagt dazu: „Das ist eine bedeutsame Entscheidung. Die Umbenennung ist notwendig: Namensgeber für Gesetzessammlungen und Kommentare müssen integre Persönlichkeiten sein. Keine Nationalsozialisten.“ Bildnachweise: © IMAGO / U. J. Alexander

Beitrag von Alexander Pradka

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