Das Bundeskartellamt zieht Bilanz

Am 30. August 2022 stellte der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, den Jahresbericht 2020/2021 seiner Behörde vor. Im Mittelpunkt der Publikation stehen Kraftstoffpreise, der Umgang mit der Digitalbranche und Kartellverfolgungen. 105 Millionen Euro Bußgeld hat die Behörde 2021 verhängt und im Rahmen der Fusionskontrolle rund 1.000 Vorhaben geprüft.
vom 31. August 2022
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Betroffen von den Bußgeldern waren im vergangenen Jahr elf Unternehmen und acht natürliche Personen. Die Verhängung richtete sich vor allem gegen Betriebe aus den Branchen Edelstahlherstellung und Stahlschmieden. Außerdem wirkten sich diese gegen vertikale Preisabsprachen bei Musikinstrumenten, Schulranzen und im Bereich der Unterhaltungselektronik aus. Auch zum laufenden Jahr gibt es bereits Zahlen: Da liegen die Bußgelder bei circa 20 Millionen Euro. Zum einen haben Unternehmen mit Absprachen bei der Auftragsvergabe von Industriebauten gegen das Kartellrecht verstoßen. Betroffen sind außerdem Hersteller von Brückendehnfugen. 

Wichtige Instrumente der Wettbewerbsbehörden

1.000 angemeldete Vorhaben hat das Bundeskartellamt im vergangenen Jahr im Rahmen der Fusionskontrolle geprüft. Zehn Zusammenschlüsse kamen dabei in Phase zwei der vertieften Prüfung. Drei gab die Behörde ohne Auflagen frei. Demgegenüber durfte Edeka nur einen Teil der Real-Standorte übernehmen. Das Vorhaben der Funke Mediengruppe, die Ostthüringer Zeitung zu übernehmen, scheiterte. Fünf Anmeldungen zogen die Beteiligten während der Prüfphase wieder zurück. Auch in diesem Jahr gab es bereits eine Untersagung: Im Bereich der Entwässerungsanlagen dürfen Aco und Birco nicht fusionieren. Die EG Group durfte OMV-Tankstellen nur unter einer Veräußerungsauflage übernehmen. Andreas Mundt bezeichnete die präventive Fusionskontrolle als wichtiges Instrument der Wettbewerbsbehörden. „In konzentrierten Märkten ist Preissetzungsmacht durch einzelne Unternehmen leichter durchzusetzen. Verschiedene Studien belegen, dass die Konzentration in Europa und Deutschland nicht zugenommen hat.“ 

Stellungnahme zu den Plänen Robert Habecks

Positiv bewertet Mundt die Pläne zur Stärkung des Bundeskartellamts, wie sie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vorschwebt. Mit der 11. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen will die Regierung Sektoruntersuchungen schlagkräftiger ausgestalten, Hürden für kartellrechtliche Gewinnabschöpfungen senken und ein missbrauchsunabhängiges Entflechtungsinstrument einführen. Seit dem Frühjahr 2021 gibt es bereits das Wettbewerbsregister. 4.000 Mitteilungen über relevante Verstöße sind bis dato vonseiten der Staatsanwaltschaften, Zoll und anderen Behörden eingegangen. Rechtsverstöße können zum Ausschluss von Vergabeverfahren führen. 

Digitalwirtschaft im Fokus

Sehr aktiv Gebrauch macht das Bundeskartellamt vom neuen § 19a Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Für Alphabet/Google, Amazon und Meta/Facebook ist bereits die „überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb“ festgesellt. Apple könnte noch dazukommen. In weiteren Verfahren gegen alle Genannten geht die Bundesbehörde der Frage nach, ob bestimmte Verhaltensweisen zu untersagen sind, weil diese den Wettbewerb beeinträchtigen oder der Absicherung einer Machtposition dienen. Und nicht zuletzt berichtete Mundt über die Intensivierung der fortlaufenden Beobachtung der Kraftstoffpreise an den rund 15.000 Tankstellen in der Bundesrepublik. Das Bundeskartellamt hat außerdem eine Untersuchung der Raffinerie- und Großhandelsebene eingeleitet. Es wolle „Faktoren und Mechanismen der Preissetzung durchleuchten“, so Mundt. „Bislang weiß man wenig darüber, was zwischen Rohöleinkauf und dem Verkauf an der Tankstelle eigentlich passiert. Hier wollen wir im Herbst erste Zwischenergebnisse vorlegen.“

 

Bildnachweise: © IMAGO / STPP 

Beitrag von Alexander Pradka

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