Wegen der vom Land angeordneten und teilweise mehrmonatigen Geschäftsschließungen während des Corona-Lockdowns in den Jahren 2020 und 2021 hatte die B.H. Holding 32 Millionen Euro Kompensation gefordert. Das entspräche dem in diesen Phasen entgangenen Gewinn. Sie hält die Betriebsschließungen für rechtswidrig. Es habe seinerzeit weder ein in sich stimmiges, durchdachtes epidemiologisches Konzept noch eine vollständige und sachlich richtige Entscheidungsgrundlage gegeben. Auch habe das Land Baden-Württemberg nicht die Effektivität der Maßnahmen aus wissenschaftlicher Sicht evaluiert und auch keine systematische Analyse oder Aufarbeitung von relevanten Ausbruchsuntersuchungen im Einzelhandel vorgenommen. Deshalb – so die Mutter von Woolworth und Tedi – seien die damals erlassenen Rechtsverordnungen nicht verhältnismäßig gewesen. B.H. Holding beruft sich auf eine Verletzung des Gleichheitsgebots: Lebensmitteleinzelhändler, Drogerieketten und weitere privilegierte Einzelhandelsunternehmen hätten geöffnet bleiben und auch das gesamte Non-Food-Sortiment anbieten dürfen. Auch Baumärkte hätten seinerzeit ihr Angebot wie gehabt der Öffentlichkeit präsentieren können.
Keine Verletzung des Gleichheitsgebots
Das Landgericht Stuttgart lehnte das Begehr jetzt ab. Wie der Bundesgerichtshof mehrfach ausführlich dargelegt und begründet hat, lagen in der Zeit zwischen März 2020 und Oktober 2021 die Voraussetzungen des Infektionsschutzes vor. Insofern seien die vom Land getroffenen Rechtsverordnungen, die Betriebsschließungen und -einschränkungen zur Folge hatten, rechtmäßig vereinbar mit dem Grundgesetz gewesen. Das Land habe während der Corona-Pandemie eine Prognose treffen müssen. Diese sei nicht nach der tatsächlichen Entwicklung, sondern danach zu beurteilen, ob die Prognose zum Zeitpunkt des Treffens sachgerecht und vertretbar war. Die Verhältnismäßigkeit setze nicht voraus, dass es zweifelsfreie empirische Nachweise hinsichtlich der Wirksamkeit der Maßnahmen gibt, so das Landgericht weiter. Dem Land habe darüber hinaus ein Beurteilungsspielraum bei der Wahl der Maßnahmen zugestanden, den es vorliegend nicht überschritten habe. Einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sieht das Landgericht Stuttgart nicht: Betrieben, welche für das tägliche Leben der Bevölkerung nicht verzichtbare Produkte verkaufen, komme zur Aufrechterhaltung der Grundversorgung eine besondere Bedeutung zu, sodass deren Privilegierung gerechtfertigt ist. Der Verkauf von Non-Food-Artikeln in diesen Geschäften spiele nur eine Nebenrolle. Was andere Non-Food-Händler wie Baumärkte angehe, sei die Einordnung als „für die Grundversorgung erforderlich“ sachlich gerechtfertigt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es ist gut möglich, dass sich die Woolworth- und Tedi-Mutter für eine Fortsetzung des Rechtsstreits entscheidet.
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