„Commercial Courts“ in Deutschland?

Zum zweiten Mal nach 2021 hat der Bundesrat den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Gerichte in Wirtschaftsstreitigkeiten vorgelegt. Der erste Versuch war wegen des Endes der Wahlperiode ins Leere gegangen. In ihrer Stellungnahme äußert die Bundesregierung, das Thema aufzugreifen. Sie möchte allerdings im Laufe des Jahres einen eigenen Entwurf vorlegen.
vom 2. Mai 2022
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„Commercial Courts“ in Deutschland?Zum zweiten Mal nach 2021 hat der Bundesrat den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Gerichte in Wirtschaftsstreitigkeiten vorgelegt. Der erste Versuch war wegen des Endes der Wahlperiode ins Leere gegangen. In ihrer Stellungnahme äußert die Bundesregierung, das Thema aufzugreifen. Sie möchte allerdings im Laufe des Jahres einen eigenen Entwurf vorlegen.
Mit den vorgeschlagenen gesetzlichen Änderungen sollen staatliche Gerichte künftig in der Lage sein, wirtschaftsrechtliche Verfahren effizient zu führen. „Eine komplexe und sich rasch weiterentwickelnde Wirtschaftswelt braucht leistungsfähige Gerichte, vor denen sie Streitigkeiten zügig, berechenbar und kompetent klären lassen kann“, heißt es in dem vom Bundesrat vorgelegten Papier. Globalisierung, komplexere Rechtsbeziehungen und nicht zuletzt veränderte Erwartungen Rechtssuchender an die Justiz erforderten Anpassungen des Gerichtsverfassungs- und Prozessrechts. Verhindern möchte der Bundesrat, dass wirtschaftlich bedeutsame Rechtsmaterialien in andere Rechtskreise oder Schiedsgerichtsbarkeit „abwandern“.
 

In erster Instanz vor dem Oberlandesgericht

Zum einen soll es nach dem neuen Gesetz die Möglichkeit geben, komplexe und umfangreiche Wirtschaftsstreitverfahren in einem abgeflachten Instanzenzug direkt beim Oberlandesgericht zu führen. Handelsverfahren mit internationalem Bezug und einem Streitwert von über zwei Millionen Euro finden danach in Zukunft erstinstanzlich und in englischer Sprache vor sogenannten „Commercial Courts“ am Oberlandesgericht statt. Die Sprache bezieht sich dabei auf sämtliche Schriftsätze, Urkunden, mündliche Verhandlung und Urteil. Daneben soll es auch die Option geben, dass Zivilsenate rein nationale Handelssachen mit Streitwert von über zwei Millionen Euro erstinstanzlich verhandeln. Voraussetzung ist in beiden Fällen, dass die betroffenen Parteien eine entsprechende Gerichtsstandsvereinbarung getroffen haben, um niemandem gegen seinen Willen den üblichen Instanzenzug abzuschneiden.
 

Internationaler Wettbewerb der Justizstandorte

Der Bundesrat möchte es den Ländern freistellen, entsprechende Senate einzurichten. Er begründet das mit regionalen und strukturellen Unterschieden. Pro Land soll es allerdings maximal ein Oberlandesgericht mit entsprechendem Angebot geben. Wünschenswert sei eine „stärkere Konzentration entsprechender Verfahren an nur einigen wenigen Oberlandesgerichten in Deutschland. Gerade für internationale Unternehmen sei ein übersichtliches und leicht erfassbares Verfahrensangebot zu schaffen. Im Hinblick auf die „Commercial Courts“ möchte das Plenum eine deutliche Wahrnehmung im internationalen Wettbewerb der Justizstandorte erreichen. Auch bei den Landgerichten sollen Kammern für internationale Handelssachen eingerichtet werden. Bildnachweise: © Unsplash / Andrei Stratu

Beitrag von Alexander Pradka

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