Anfang 2023 bereits hatte der Bundesgerichtshof ein Urteil des Landgerichts Braunschweig aufgehoben, in dem Mitglieder des Vorstands und Personalleiter von VW vom Vorwurf der Untreue freigesprochen worden waren. Sie hatten zuvor Betriebsratsmitgliedern unter Verstoß gegen das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot ein überhöhtes Arbeitsentgelt zukommen lassen. Die Rede ist dabei von rund 17.000 Euro brutto im Monat und bis zu 560.000 Euro freiwillige Bonuszahlungen. Das Landgericht verneinte das vorsätzliche Handeln im Zusammenhang mit dem möglicherweise strafbaren Handeln. Der BGH argumentierte im Rahmen seiner Aufhebung, dass der Sachverhalt unzureichend ermittelt worden sei – „insbesondere im Hinblick auf die innerbetrieblichen Kriterien für den Aufstieg in höhere Managementkreise und die Bemessung von Bonuszahlungen“.
Klarstellende gesetzliche Maßnahmen
Spätestens mit diesem Urteil entstand eine Rechtsunsicherheit. VW und Porsche reduzierten in der Folge vorsorglich die Vergütung ihrer Betriebsräte. Diese wehrten sich gegen diese Maßnahme vor Gericht – und von 42 bisher ergangenen Urteilen gingen 40 zugunsten der Arbeitnehmervertreter aus. Der Gesetzgeber blieb nicht untätig: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil brachte einen Gesetzesentwurf auf den Weg, der die notwendige Transparenz und Klarheit bringen soll. In der Begründung zum Gesetz heißt es: „Um negative Folgen für die betriebliche Mitbestimmung insgesamt auszuschließen, sind klarstellende gesetzliche Maßnahmen notwendig, ohne dabei die Möglichkeit der Aufklärung und Ahndung von Verstößen gegen das Begünstigungsverbot einzuschränken.“
Benachteiligungsverbot und Mindestvergütung
Grundsätzlich ist es so, dass Betriebsratsmitglieder dürfen laut Betriebsverfassungsgesetzes wegen ihrer Tätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden dürfen. Das gilt auch für ihre berufliche Entwicklung und das Arbeitsentgelt. Das Benachteiligungsverbot wird ergänzt durch einen Mindestvergütungsanspruch. So darf das Arbeitsentgelt nicht geringer bemessen sein als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung. In der Debatte im Ausschuss für Arbeit und Soziales haben Regierungsfraktionen und Opposition gleichermaßen die Notwendigkeit des Gesetzes betont. Die Koalitionsfraktionen bezeichneten es als starkes Signal an Betriebsräte und Sozialpartner und hoben hervor, dass die berufliche Entwicklung von Betriebsräten nicht eingeschränkt wird. Kritik kam trotz der grundsätzlichen Zustimmung unter anderem aus den Reihen der Unionsfraktion. Sie bemängelte, dass der Entwurf nicht die Arbeit der Betriebsräte weiter regelt, vor allem im Hinblick auf die digitale Betriebsratsarbeit. Darauf antwortete die Regierungsfraktion, dass das im noch in Arbeit befindlichen Tariftreuegesetz geregelt werden wird.
Copyright Bild: IMAGO / Jochen Eckel