Bundeskartellamt: Kraftstoffgroßhandel bleibt im Fokus von Untersuchungen

Das Bundeskartellamt hat ein Prüfungsverfahren eingeleitet, in dem es feststellen will, ob im Kraftstoffgroßhandel eine erhebliche und dauerhafte Störung des Wettbewerbs vorliegt. Erstmals wendet das Amt damit seine seit 2023 zur Verfügung stehenden neuen Instrumente im Nachgang zu einer Sektoruntersuchung an.
vom 11. März 2025
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Bereits seit 2023 sieht das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in § 32f besondere Befugnisse des Bundeskartellamts nach einer sogenannten Sektoruntersuchung vor. Mit diesem Instrument kann sich das Bundeskartellamt ein genaues Bild über die Wettbewerbssituation von bestimmten Wirtschaftsbereichen machen, gegen einzelne Unternehmen richtet sich die Untersuchung nicht. Es kann Ergebnis der Sektoruntersuchung sein, dass im Anschluss gegen Unternehmen Verfahren eingeleitet werden. Geboten erscheint das vor allem dann, wenn Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass in diesem Bereich der Wettbewerb eingeschränkt oder verfälscht ist. Mit der 11. Novelle des GWB bekam das Amt unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, im Anschluss an eine Sektoruntersuchung auch gezielte Maßnahmen anzuordnen, um Störungen zu beseitigen. Die Erkenntnisgewinnung erfolgt über Befragungen von Unternehmen und anderer Branchenbeteiligter, wie zum Beispiel Verbände. Unternehmen haben eine Auskunftspflicht, das Bundeskartellamt könnte auch Durchsuchen anordnen.

 

Anhaltspunkte für eine Störung vorhanden

Mitte Februar hatte das Bundeskartellamt seinen Abschlussbericht zur Sektoruntersuchung zu Raffinerien und Kraftstoffgroßhandel vorgelegt. Die Untersuchungen hätten gezeigt, dass die Bedingungen für einen funktionierenden Wettbewerb im Mineralölbereich in Deutschland schwierig seien, es bestehe eine große Importabhängigkeit beim Bezug von Rohöl, die Märkte seien geprägt von vertikaler Integration sowie gegenseitigen Abhängigkeiten der Mineralölgesellschaften. Zudem bestehe eine hohe Markttransparenz auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette. „Auf Basis der durchgeführten Untersuchung sehen wir Anhaltspunkte, dass eine solche Störung vorliegen könnte“, fasst Bundeskartellamts-Chef Andreas Mundt zusammen. In einer aktuellen Erklärung ergänzt er: „Insbesondere die hier weit verbreiteten Preisinformationsdienste könnten ein hohes wettbewerbliches Risiko bergen. Dem wollen wir jetzt weiter nachgehen.“ Preisnotierungen über mehrere Stufen der Wertschöpfungskette hinweg spielen laut Bundeskartellamt eine wichtige Rolle für die Preissetzung. „Auch wenn Preisnotierungen nicht grundsätzlich als wettbewerbsschädlich anzusehen sind, sehen wir bei der derzeitigen Ausgestaltung erhebliche wirtschaftliche Risiken“, so Mundt weiter. Zum einen betreffe das die zusätzliche Transparenz im Hinblick auf das Preissetzungsverhalten einzelner Wettbewerber durch die Veröffentlichung von sehr detaillierten Marktinformationen. Darüber steige das Risiko einer Kollusion, also einer stillen Einigung der Marktteilnehmer auf ein Preisniveau, das über dem Wettbewerbspreis liegt. „Auch sehen wir Gefahren, dass einzelne Marktteilnehmer Preisnotierungen zu ihrem Vorteil etwa durch selektive Meldungen manipulieren können.“

 

Häufiger Preiswechsel an der Tankstelle

Auffällig geworden ist des Weiteren die Zahl der Preisänderungen an Tankstellen im Laufe eines Tages. Das Bundeskartellamt teilt mit, dass es im Jahr 2014 täglich noch etwa vier bis fünf Preisänderungen gab, rund zehn Jahre später hätten sich die Preise durchschnittlich 18-mal am Tag geändert. Eine Auswertung der Absatzdaten einzelner Tankstellen ergab Hinweise, dass es Tankenden mittlerweile weniger häufig als früher gelingt, in günstigeren „Preistälern“ zu tanken. Hinweise auf konkrete Kartellrechtsverstöße hat die Sektoruntersuchung nicht ergeben. Das neue Verfahren eröffnet aber die Möglichkeit von Abhilfemaßnahmen unabhängig von einem konkreten Kartellrechtsverstoß. Im nunmehr eingeleiteten Verfahren wird das Bundeskartellamt laut eigenen Angaben insbesondere die Auswirkungen der beiden in Deutschland am häufigsten genutzten Preisinformationsdienste von Argus Media und S&P Global näher untersuchen.

 

Copyright Bild: Thanks to Felix on Unsplash

Beitrag von Alexander Pradka

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