Der Verstoß eines Betreibers sozialer Netzwerke gegen die datenschutzrechtliche Verpflichtung, dessen Nutzer über Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung ihrer personenbezogenen Daten zu unterrichten, begründet wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche. Und: Verbraucherschutzverbände können diese im Klageweg vor den Zivilgerichten verfolgen. Das gilt selbst dann, wenn der Verband die Klage unabhängig von der konkreten Verletzung von Datenschutzrechten einer betroffenen Person und ohne Auftrag einer solchen Person erhoben hat. So urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) Ende März in einem lange währenden Rechtsstreit zwischen dem Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer (vzbv) und Meta. Bei Facebook findet sich ein „App-Zentrum“, in dem Meta Nutzern kostenlos Online-Spiele zur Verfügung stellt. Der Streitfall drehte sich konkret um mehrere Spiele, die Meta im November 2012 angeboten hatte. Unter dem Button “Sofort spielen” waren folgende Hinweise zu lesen: “Durch das Anklicken von ‚Spiel spielen” oben erhält diese Anwendung: Deine allgemeinen Informationen (?), Deine E-Mail-Adresse, Über Dich, Deine Statusmeldungen. Diese Anwendung darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr.” Bei einem Spiel endeten die Hinweise mit dem Satz: “Diese Anwendung darf Statusmeldungen, Fotos und mehr in deinem Namen posten.” Die Verbraucherschützer waren der Ansicht, dass Meta nicht hinreichend über Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten unterrichtet und damit gegen die gesetzlichen Anforderungen an die Einholung einer wirksamen datenschutzrechtlichen Einwilligung verstößt. Darin sei ein wettbewerbswidriges Verhalten zu sehen. Der jahrelange Rechtsstreit landete jetzt via Revision von Meta beim BGH – diese blieb nun erfolglos.
Auch in der Sache gibt der BGH dem Dachverband Recht
Geeignete Grundlage für die Verfolgung von Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) durch Verbände nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) ist laut BGH Artikel 80 Abs. 2 DSGVO. Demnach dürfen sie Verletzungen bestimmter Informationspflichten nach der DSGVO im Zusammenhang mit Verstößen gegen das UWG und Verbraucherschutzgesetze geltend machen, ebenso wie wegen der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen. Und dazu bedarf es eben nicht eines konkret geltend gemachten Verstoßes – von einer Einrichtung im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DSGVO kann laut BGH nicht verlangt werden, dass sie diejenige Person im Voraus individuell ermittelt, die von einer Verarbeitung von Daten konkret betroffen ist. Die Benennung einer Kategorie oder Gruppe von identifizierbaren natürlichen Personen für die Erhebung einer solchen Verbandsklage reicht also aus. In der Sache gibt der BGH dem Dachverband ebenfalls Recht: Die Präsentation von Spielen im App-Zentrum von Facebook verstößt gegen die DSGVO, weil Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs nicht über Art, Umfang und Zweck der Erhebung sowie Verwendung personenbezogener Daten in allgemein verständlicher Form sowie über die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung und die Empfänger der persönlichen Daten unterrichtet werden. Auch den Verstoß gegen das Lauterkeitsrecht bejaht der BGH: Ausgehend von der wirtschaftlichen Bedeutung der Verarbeitung von personenbezogenen Daten für internetbasierte Geschäftsmodelle, deren Nutzung der Verbraucher mit der Preisgabe personenbezogener Daten vergütet, komme den datenschutzrechtlichen Unterrichtungspflichten zentrale Bedeutung zu. Sie sollten sicherstellen, dass der Verbraucher bei seiner Nachfrageentscheidung, die mit einer Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten verknüpft ist, möglichst umfassend über Umfang und Tragweite dieser Einwilligungserklärung ins Bild gesetzt wird, um eine informierte Entscheidung treffen zu können.
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