Austausch sensibler Informationen kann bezweckte Wettbewerbsbeschränkung sein

Eine Geldbuße in Höhe von 225 Millionen Euro hat die portugiesische Wettbewerbsbehörde Autoridade de Concorréncia gegenüber 14 Kreditinstituten verhängt. Der Vorwurf: Austausch sensibler Informationen über mindestens zehn Jahre. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) nahm das zum Anlass, grundsätzlich zur bezweckten Wettbewerbsbeschränkung Stellung zu nehmen.
vom 16. August 2024
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Die Kreditinstitute sollen von 2002 bis 2013 gegen nationales und gegen EU-Wettbewerbsrecht verstoßen haben. Die ausgetauschten Informationen bezogen sich auf die Märkte für Hypotheken-, Verbraucher- und Unternehmenskredite. Im Detail ging es um aktuelle und künftige Geschäftsbeziehungen, vor allem Kreditaufschläge und Risikoparameter sowie individualisierte Produktionszahlen der Beteiligten. Die Wettbewerbsbehörde sieht in dem Verhalten eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung und das Ausmaß entbinde sie davon, die eventuellen Auswirkungen auf die betroffenen Märkte zu untersuchen. Die Mehrzahl der adressierten Kreditinstitute ist anderer Meinung und klagte gegen die Verhängung der Bußgelder vor dem portugiesischen Gericht für Wettbewerbssachen. Der Informationsaustausch sei nicht für sich genommen hinreichend wettbewerbsschädlich. Also müssten die konkreten Auswirkungen erst geprüft werden.  

 

Beseitigung von Ungewissheiten

Der EuGH stellt in seinem Urteil fest, dass ein autonomer Austausch zwischen Wettbewerbern eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellen kann. Es genüge, wenn der Austausch eine Form der Koordinierung darstellt, die im Zusammenhang mit dem Austausch an sich als schädlich für das gute Funktionieren des normalen Wettbewerbs anzusehen ist. Damit ein Markt unter normalen Bedingungen funktioniere, so der EuGH weiter, müssten Marktteilnehmer selbstständig bestimmen, welche Politik sie betreiben wollen, und in Bezug auf das künftige Verhaltend der anderen Teilnehmer im Ungewissen bleiben. Sollte ein Informationsaustausch die Beseitigung der Ungewissheit ermöglichen, kann dieser als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung einzustufen sein. Das sei anzunehmen, wenn die ausgetauschten Informationen in dem Sinne vertraulich und strategisch sind, dass sie geeignet sind, das künftige Verhalten eines Wettbewerbers auf den betreffenden Märkten offenzulegen.

 

Kreditaufschläge als Kriterium

Das komme im vorgelegten Fall in Betracht. Die ausgetauschten Informationen beträfen die Absichten der Beteiligten an dem Austausch hinsichtlich künftiger Änderungen der Kreditaufschläge. Kreditparameter, so der EuGH, gehören zu den Wettbewerbsfaktoren auf dem betreffenden Markt. Insofern stehe als bezwecktes Ziel die Verfälschung des Wettbewerbs im Raum. Die entsprechenden Tatsachenwürdigungen müsse nun aber das portugiesische Gericht vornehmen.  

 

Copyright Bild: IMAGO / Imagebroker

Beitrag von Alexander Pradka

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